King Krule – The Ooz

King Krule

Gute Musik braucht manchmal ein wenig Zeit, um sich zu behaupten, gerade wenn sie sich hinter schwierigen Klang-Fassaden versteckt. Aktuell gilt das für keinen zweiten Künstler so sehr wie für King Krule. Archy Marshall, der junge Rotschopf mit der unwahrscheinlich tiefen Stimme, hat sein erstes Pseudonym für ein zweites Album wiederbelebt. Auf „The Ooz“ stolpert der Brite 66 Minuten lang durch Jazz, TripHop, Indie und unzählige weitere Klangcollagen.

Das gekonnte Stolpern von ungewöhnlicher Szene zu Szene macht Krule so großartig. Gerne lässt er die Musik für sich erzählen, wirft gelegentlich ein paar Zeilen ein und wird nur selten selbst zum Geschichtenerzähler. Im Vorboten „Czech One“ begräbt er seine Stimme zunächst unter beinahe loungigen Klängen, lässt sie schrittweise lauter und fester werden. Irgendwann entführt ein Saxophon in die Nacht, begleitet von schummrigem Licht. Dass dieses stilisierte Kleinod ausgerechnet auf „Emergency Blimp“, einen der seltenen rockigen Ausbrüche dieser Platte, folgt, passt ins Bild.

Es ist gar nicht so leicht, einzelne Kapitel aus diesem musikalischen Dickicht herauszulösen, denn trotz Überlänge funktioniert „The Ooz“ am besten in seiner durchaus überbordenden Gesamtheiten. Und doch bleiben gewisse Monstrositäten hängen, wie das an einen Jazz-Radiohead-Remix erinnernde „Dum Surfer“, der schroffe Post-Punk-Wardance von „Half Man Half Shark“ und das wie aus einem bröckelnden Nachtclub extrahierte „Midnight 01 (Deep Sea Diver)“.

Was „The Ooz“ also in Hülle und Fülle hat, sind großartige Momente. Kleinere Längen werden bei dieser mächtigen Spielzeit billigend in Kauf genommen, denn trotz überaus kurzzeitiger Schwankungen begeistert dieses zweite Album von vorne bis hinten. King Krule ist nach wie vor nicht für jede(n) geeignet, gibt sich gerne betont unorthodox und unnahbar, nur um schließlich wieder unerwartet zu explodieren. Hinter diesem Wahnsinn verbirgt sich Methode – und eine der besten Platten des Jahres.

King Krule - The Ooz

The Ooz
VÖ: 13.10.2017
XL Recordings / Beggars Group (Indigo)

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