Ezra Furman – Transangelic Exodus
Wo Ezra Furman aufschlägt, wird es spannend. In den letzten Jahren konsequent in die Retro-Schublade gesteckt, versucht der US-Amerikaner nun auszubrechen und mit seiner als The Visions reformierten Backing-Band neue musikalische Ufer zu erobern. Auf „Transangelic Exodus“ entwirft er einen kuriosen narrativen Faden, den er rund um seine Erfahrungen mit non-binärer Geschlechtsidentität, seinen jüdischen Glauben und das aktuelle politische Klima gesammelt hat.
Natürlich wendet sich Furman nicht so ganz von klassischen Rock’n’Roll-Sounds ab, erweitert seinen musikalischen Kosmos nun aber um Garage Rock und elektronische Elemente, die gemeinsam mit gängigen Singer/Songwriter-Klängen etwas von The Black Keys haben. So weit, so gut? Das mächtige, launische „Suck The Blood From My Wound“ eröffnet das Album mit einer musikalischen Gratwanderung zwischen Rock, Electro und Alternative-Wahn, getragen von der überaus bild- und gestenreichen Sprache des Protagonisten. Quietschbunt und erschütternd düster zu gleichen Teilen, ergibt sich ein kleiner Hit aus schlichten und zerrissen wirkenden Songwriting-Tools.
Weitaus geradliniger – und auch nicht, wenn man ehrlich ist – gestaltet sich die erste Single „Driving Down To L.A.“. Noisig stampfende Drums treffen auf einen Hauch von Surf’n’Beck. In „Maraschino-Red Dress $8.99 At Goodwill“ setzt sich Furman mit seiner Geschlechtsidentität auseinander und lässt wilde Gitarrensalven immer wieder ins Leere rauschen. Ein paar Türen weiter taucht „Psalm 151“ tief in das Great American Songbook ein, philosophiert das sonnige „I Lost My Innocence“ über eine besondere Art von Jugendliebe, und packt „No Place“ durch den synthetischen Fleischwolf gedrehte Blechbläser auf dem kuriosen Höhepunkt musikalischer Verweigerungshaltung aus.
Furman bleibt Furman – kurioser, kauziger, eingängiger und unberechenbarer denn je. Vom grandiosen Storyboard bis zur anti-musikalischen Einstellung verwirrt und unterhält „Transangelic Exodus“ am laufenden Band. Die verschiedenen instrumentalen Stimmungen herauszufiltern, bleibt ein weitestgehend hoffnungsloses Unterfangen. Besser, man lässt sich einfach treiben vom wilden Baumbett-Opener bis zum verschmitzten Vincent-Finale. Was es mit diesen unorthodoxen Querverweisen auf sich hat? Selten hat es sich mehr gelohnt, eine Platte von vorne bis hinten mit Lyric-Sheet durchzuackern, alleine schon für die Hidden Gems. Schönes Ding eines der interessantesten Songwriter der Gegenwart.
Transangelic Exodus
VÖ: 09.02.2018
Bella Union / [PIAS] (Rough Trade)
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