Ezra Furman – Goodbye Small Head

Ezra Furman
(c) Eleanor Petry

Ein aus dem Kontrollverlust geborenes Album, so beschreibt Ezra Furman ihr mittlerweile zehntes Studiwerk. Wiewohl sich dieser Kontrollverlust hier auf unterschiedliche Weise äußert, so war der Impetus ein ungeklärter, vermuteter Krampfanfall vor zwei Jahren, der sie Monate lang ans Bett fesselte, unter Schmerzen leidend und komplett erschöpft. Eine medizinische Erklärung blieb aus. Irgendwann sprudelten die Songs geradezu aus ihr heraus und bildeten nach und nach ein Album. „Goodbye Small Head“ widmet sich so unterschiedlichen Themen wie Schwäche und Krankheit, Drogen und BDSM, Herzschmerz und Mystik.

Welche Form der Selbstaufgabe und des Kontrollverlusts „Submission“ instrumentalisiert, lässt sich wohl recht einfach entschlüsseln. Der understatete Track mit unterschwelligen Gitarren und ebenso tief ins Arrangement eingebetteten Vocals gibt sich vorsichtig und doch bestimmt, bemüht den Ausbruch inmitten der auferzwungenen Zurückhaltung. „Sudden Storm“ entstand hingegen aus einem Gespräch über die mystischen Qualitäten epileptischer Anfälle. Dieser plötzliche Sturm, der das komplette Nervensystem lahmlegt, wird von Furman bewusst ruhig und reduziert vorgetragen, wenngleich die Rock’n’Roll-Gitarre im Schlussakt herrlich aufzublühen vermag.

Die Art und Weise, wie das charmante, zurückhaltende „You Hurt Me, I Hate You“ mehr und mehr Spuren erhält, macht ebenso Laune. Zarte romantisierende Töne weichen der Selbstbestimmtheit und zeigen einmal mehr, warum Furman die perfekte Wahl für den Soundtrack zu „Sex Education“ war. In „Grand Mal“ findet ein ähnliches Rezept Anwendung, in eigene medizinsche Unsicherheit getaucht und dabei ebenso um Fassung ringend wie das versucht drastische „You Mustn’t Show Weakness“, dessen Rock’n’Roll-Boogie packend kämpft. Der finale Ausbruchsversuch „I Need An Angel“ ufert schließlich kraftvoll, fast lärmend aus – durch die Indie-Töne von „Power Of The Moon“ geschickt akzentuiert.

Aus der Krise ein Konzeptalbum zu kreieren, das zwar stets persönlich geprägt ist und doch durch seine Universalität glänzt, zeugt einmal mehr von Ezra Furmans großen Qualitäten als Songwriterin. „Goodbye Small Head“ setzt die Serie starker Alben fort, natürlich persönlich geprägt, wenngleich etwas anders. Insgesamt eine Spur poppiger und schillernder, dennoch zu keiner Zeit auf handfeste Gitarren verzichtend, so erschafft jeder einzelne Track seine eigene kleine Welt, sieht sich in dieser aufmerksam und doch verwundert um, und versucht sich mit wechselnden, gerne mal drastischen Situationen halbwegs abzufinden. Furman bleibt fantastisch und unerreicht – und hoffentlich vollends gesundet.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 16.05.2025
Erhältlich über: Bella Union (Rough Trade)

Website: ezrafurman.com
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