Myrath – Shehili

Myrath
(c) Nidhal Marzouk

Heavy Metal und Afrika, das bringen viele Europäer nach wie vor nicht zusammen. Tatsächlich hat die härtere Gitarrenmusik auf dem afrikanischen Kontinent immer noch einen gewissen Exotenbonus, doch seit einigen Jahren ändert sich daran gehörig etwas – nicht zuletzt aufgrund der stark zugenommenen Berichterstattung. Zu den aktuell bekanntesten Metalbands aus Afrika gehören Myrath aus Tunesien. Als reine Progressive Metal-Band gestartet, hat sich das Quintett auf „Tales Of The Sands“ (2011) und „Legacy“ (2016) schon früh dem leicht progressiv angehauchtem Folk Power-Metal zugewandt. Wobei die folkloristischen Einflüsse hauptsächlich orientalischer Natur sind bzw. sich aus der landestypischen Mezwed-Musik ableiten. Auf ihrem neuesten Album „Shehili“ perfektionieren die Tunesier nun ihren ohnehin absolut eigenständigen Sound.

Nach dem folkloristischen Intro stellt die inzwischen in Frankreich lebende Band ihr musikalisches Alleinstellungsmerkmal beim Opener „Born To Survive“ gleich perfekt unter Beweis – so kongenial hat man die Vermengung klassischen Power Metals und tunesischer Folklore wohl nur selten gehört. Über allem steht dabei Zaher Zorgatis raues, sehr markantes Gesangsorgan. Bei manchen Songs wie „You’ve Lost Yourself“ steht der folkloristische Anteil im Vordergrund, während bei „Monster In My Closet“ und „Darkness Arise“ fast ausschließlich auf die pure Metal-Keule gesetzt wird. Davon ab gehen beide Stilrichtungen aber immer eine nahezu perfekte Einheit ein – man höre sich dafür nur mal die wunderbar eingängige, stark ohrwurmlastige Vorabsingle „Dance“ an.

Die Einbindung folkloristischer Elemente wirkt bei Myrath, anders als bei vielen Bands, die mal einen orientalisch angehauchten Quotensong auf einem Album hatten, stets authentisch. Sogar bei der kitschfreien Halbballade „Stardust“ und den teilweise auf arabisch intonierten Songs „Lili Twil“ und „Mersal“ hat man die perfekte Balance gefunden. Tatsächlich lässt sich auf „Shehili“ auch nicht ein einziger schwacher Song finden, dafür aber mit dem majestätischen „No Holding Back“ ein alles überstrahlendes Glanzlicht musikalischer Perfektion.

Dennoch muss auf hohem Niveau auch Kritik geübt werden, denn hier und da wirkt das Album leider einen Hauch zu gleichförmig – beim nächsten Album sollte somit noch ein wenig mehr für Abwechslung gesorgt werden. Für die Höchstnote reicht es dieses Mal somit nicht ganz, doch trotz allem gehört „Shehili“ schon jetzt zu den stärksten Power Metal-Alben des Jahres 2019. Leider steht in den nächsten Monaten nur ein Konzert im europäischen Raum an, in den letzten Jahren haben Myrath aber bereits unter Beweis stellen können, dass sie live eine ernstzunehmende Größe sind.

Wertung: 4,5/5

Erhältlich ab: 03.05.2019
Erhältlich über: earMusic (Edel)

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