Rustin Man – Clockdust

Rustin Man
(c) Lawrence Watson

Erst lässt er 17 Jahre warten, dann dauert es plötzlich nur 13 Monate: Ex-Talk Talk-Bassist Paul Webb scheint sich mittlerweile in seiner Solo-Persona Rustin Man wohlzufühlen. Das Debüt „Drift Code“, eine Art inoffizielles Follow-Up zur mittlerweile legendären Kollaboration mit Portishead-Frontfrau Beth Gibbons, überraschte mit kunstvollen, gitarrenbasierten Tracks. Webb merkte jedoch schnell, ausreichend Material für zwei Platten fertiggestellt zu haben, und bemüht auf dem Nachfolger noch feinmaschigere Strukturen mit offenen Klangflächen. Was sich wie ein kleiner Widerspruch liest, funktioniert auf „Clockdust“ hervorragend.

„Night In The Evening“ exerziert den Wahnsinn vor. Was zunächst an Webbs ehemalige Hauptband erinnert, taucht schließlich in dubbige Gefilde ab und ergibt eine kuriose, treibende Mischung zwischen tiefen Bässen, feinsinniger Klangspielerei und beinahe psychedelischen Ansätzen. Klar, sieben Minuten hätte es für diese spannende Idee nicht gebraucht, aber irgendwo hat der Wahnsinn Methode. Hingegen setzt „Jackie’s Room“ das Art-Rock-Konzept eine Spur verwaschener fort. Coole Lässigkeit, spooky Einschübe und dezente Jazz-Vibes umwehen diesen coolen und doch bedrohlichen Exkurs.

Etwas mehr Gemächlichkeit und Behutsamkeit, beinahe so etwas wie Soul, halten Einzug in Rustin Mans Sound. Da wäre beispielsweise das sympathische, reduzierte „Gold & Tinsel“, ein Wunderwerk der filigranen Melodieführung mit Präzision und butterweichem Gesang. Dem steht das weitestgehend instrumentale „Rubicon Song“ gegenüber, eine mystische Klangübung mit weit offenen Räumen gekonnter Verwirrung. Schließlich spielt „Carousel Days“ mit Jazz und Dream-Pop, bevor „Kinky Living“ eine kesse Sohle aufs Parkett legt und die unter Strom stehende Gitarre zurückholt.

„Clockdust“ bricht ein wenig mit dem Vorgänger, ohne sich von diesem zu distanzieren. Das klingt zunächst ungewöhnlich, passt aber perfekt ins Bild. Wilde und ruhig abebbende Sphären, Jazz- und Pop-Einschübe, psychedelische Art-Ideen und lässige Fragilität erweitern Rustin Mans Soundspektrum auf gekonnte Weise. Selbstverständlich verwundert das ein wenig, weil sich Paul Webb noch weiter von seinem bisherigen Schaffen entfernt (natürlich nicht ohne gewisse Querverweise einzuflechten), spricht jedoch für die Vielseitigkeit des Künstlers – ein weiterer packender Exkurs mit Nachdruck.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 20.03.2020
Erhältlich über: Domino Records (GoodToGo)

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