Joe Volk + Naiare – Primitive Energetics

Joe Volk + Naiare
(c) Nicole Imhof

Der Stoner- und Psych-Veteran Joe Volk holt ein weiteres Mal aus. Manchen mag der Brite von seiner Zeit bei Conga und Crippled Black Phoenix bekannt sein, tatsächlich widmet sich der Wahlschweizer mit seiner Band Naiare seit geraumer Zeit Düsterfolk der besonders aufwühlenden Art. Doomig, psychedelisch, ein wenig bluesig und durchaus rockbar, arbeiten sich Volk und Konsorten ein weiteres Mal zur Oberfläche vor. „Primitive Energetics“ klingt in etwa so, wie es der Titel vermuten lässt.

Energisch trifft definitiv zu, primitiv nur in seltenen Fällen. Gelegentlich lässt Volk der Wut (dem Volkszorn?) freien Lauf, beispielsweise im abschließenden „Whitesheet“. Hier brodelt es von der ersten Sekunde an mit einem quengelnden Grinderman-Riff, das Noir-Damoklesschwert nähert sich wiederholt ungeschliffenen Noise-Klippen. TripHop-artige Breaks, folkige Einschübe und beinahe meditativer Alternative geben sich die Klinke in die Hand. Davon ist beispielsweise in „Individuation“ rein gar nichts zu hören. Die reduzierte Gemächlichkeit mit beigemischten Vocal-Samples und Drone-Piano-Anschlag entschleunigt komplett, verzaubert aber ebenfalls. Bloß auf gänzlich andere Weise.

Die Unruhe ist auf diesem Album zu jeder Zeit greifbar, gerade wenn es lauter, etwas energischer wird. „Let The Kings In“ nimmt sich viel Zeit für den Aufbau, von mehreren Zäsuren und schroffen Austritten – Psych- und Noise-Gitarrist Thomas Fahmi leistet auf Albumlänge ganze Arbeit – unterbrochen, und versandet doch irgendwo; irgendwo, wo sich „The Decline“ nervös voranzittert, bevor es in das herrlich minimalistische Folk-Picking von „Pioneer Of Colour“ geht. Und ja, mit „The Lives Of Others“ hat sich noch ein weiterer intensiver Alternative-Rock-Moment samt Noise-Eskapade versteckt.

Ruhe kehrt auf Joe Volks neuester Platte zu keiner Zeit ein, auch nicht in den reduziertesten Folk-Momenten. Stets ist „Primitive Energetics“ von einer schwer greifbaren Unruhe umgeben, droht wiederholt ins Fatalistische abzudriften und glänzt mit kultiviertem Noir-Wahnsinn. Zwischen akustischem Feingefühl und schroffer Intenstität liefern Volk und Naiare ein kleines Husarenstück des Understatement ab. Einmal eingenistet, lässt sich „Primitive Energetics“ nicht so leicht abschütteln. So soll es sein.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 24.04.2020
Erhältlich über: Glitterhouse Records (Indigo)

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