Aaron Taylor – Icarus

Aaron Taylor
(c) OneSixOne x Stephanie Alcaino

In den Händen Aaron Taylors ist Soul ein lebendiges, atmendes, sich wandelndes Konstrukt. Der Newcomer transportiert Klänge aus den 70ern in das Hier und Jetzt, von vielschichtigen Neo-, Jazz-, RnB- und dezent elektronischen Einflüssen befeuert. Taylor sieht in dieser schweren, spaltenden Zeit die Chance für große Kunst. Ob sein Debütalbum „Icarus“ das ist? Die Platte über Intimität in den verschiedensten Formen nahm der Sänger und Songwriter in seinem eigenen Studio zuhause auf.

Verschiedenste Facetten zelebrieren Soul und RnB aller Arten und Epochen. Da wäre beispielsweise „Don’t Leave Me Alone“, ein smoother Track mit Groove und Schmelz, der durchaus in den 90er Jahren hätte entstehen können. Gemeinsam mit Lalah Hathaway intoniert, wagt Taylor eine Reise in chartfreundlichere Zeiten. „Shooting Star“, die zweite Kollabo dieses Einstands, wirkt hingegen deutlich synthetischer, ohne den Weichzeichner zurückzulassen. Die Zusammenarbeit mit Benny Sings überrascht mit dezenten Daft Punk-Vibes, ohne komplett in frankophilen Gefilden zu versanden.

Aaron Taylor braucht allerdings keine Mitstreiter, um Großes zu basteln. Da wäre beispielsweise die lebhafte Collage „Hey Baby“, sehr groovig und mit unterschwelligem Funk beschwert. Sex Appeal schießt aus allen Poren, zugleich wirkt der Track gewissermaßen schräg – eine eigentümliche Kombination, vom Opener „I Want That Fire“ weitergedacht. Jazzige Untertöne treffen auf verspielten Neo-Soul, sogar ein wenig Bon Iver schwingt mit. Relativ klassische Soul- und RnB-Tracks, wie „The Ritual“ und „Be My Muse“, geben der Platte das gewisse Etwas, bevor der abschließende Titelsong „Icarus“ dem Sonnenuntergang entgegenschwelgt.

Ein wenig schwülstig ist es ja schon, dieses Debütalbum, aber eben auf bezaubernde Weise. „Icarus“ trägt ganz viel Liebe und Herzblut in sich, offenkundig von D’Angelo und Curtis Mayfield beeinflusst, dennoch eine komplett eigenständige Entität. Aaron Taylor holt sich das Beste aus mehreren Jahrzehnten, packt moderne Erkenntnisse hinzu und kehrt sein Innerstes nach außen. Herausgekommen ist ein von vorne bis hinten packendes, emotionales Werk, mehr als nur eine Talentprobe.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 25.09.2020
Erhältlich über: Edenic Records

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