Mush – Lines Redacted

Mush
(c) Memphis Industries

Ausnahmesituationen verlangen nach Ausnahmealben. Nur ein Jahr nach dem Release ihres Debüts sind Mush schon wieder da. Das Trio aus Leeds treibt mit seinem kauzigen, direkten und zugleich überschwänglich anstrengenden Art-Rock-Ansatz durchaus kuriose Blüten. „Lines Redacted“ stellt nun den Soundtrack zu den vielen kleinen Weltuntergängen dar, die man täglich durchlebt, und verbindet eindringliche Botschaften mit bitterbösem Sarkasmus.

Von der ersten Sekunde an brausen Mush los, wenngleich das dissonante Riff von „Drink The Bleach“ zunächst noch eine angezogene Handbremse aufs Parkett bringt. Besondere Aufmerksamkeit fällt zudem dem nasalen, betont unbequemen Gesang zu. In Verbindung mit dem gemächlichen Aufgalopp und den endlosen Loops ermattender Schwere ergibt sich statische Wut in Reinkultur, auf die das folgende „Blunt Instruments“ erst einmal tanzt. Indie, Noise und etwas Post Punk tun sich zusammen, die Hektik nimmt zu und tritt grandiose nervöse Energie los, die in manchen Momenten sogar an Gang Of Four erinnert – drei kompakte Minuten mit hohem Suchtfaktor.

„Lines Redacted“ wirft neue kleine Highlights am laufenden Band ab, und das kauzige „Hazmat Suits“ spielt weit vorne mit. Seltene, präzise eingestreute Verse kollidieren mit schiefem Geschrammel. Als krassen Gegenteil etabliert sich der überlange Rausschmeißer „Lines Discontinued“, der sogar in Richtung Acht-Minuten-Marke schielt. Mush können auch ruhiger, spielen mit harmonischen Indie-Momenten und gemächlicher Leisetreterei, die zum Ausgleich immer weiter ausgedehnt wird. Der wunderbar kantige Indie-Track „Seven Trumpets“ – so könnten (und sollten) Art Brut heute klingen – und das ausgelassene „B2BCDA“ schlagen mit ihrer vorwitzigen, eingängigen Art hingegen gekonnt über die Stränge, wenngleich deutlich kompakter.

Im Hause Mush herrscht ein erfrischendes, atemloses Durcheinander, das sich bei allem Wahnsinn sofort und unwiderbringlich einbrennt. Die Jangle-Gitarren und an Noise angrenzenden Art-Momente dürften eigentlich keine Ohrwurm-Qualitäten haben, doch der erhoffte Spagat zwischen Anspruch und Eingängigkeit geht auf faszinierende Weise auf. Gute Nerven sind Pflicht, um „Lines Redacted“ vollends genießen zu können. Eine Fülle richtig guter, süchtig machender Großtaten zieht dafür sofort in ihren Bann und beweist eindrucksvoll, dass dieser Zweitling alles andere als ein überhasteter Schnellschuss geworden ist.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 12.02.2021
Erhältlich über: Memphis Industries (Indigo)

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