The Fratellis – Half Drunk Under A Full Moon
Mit ihrem ersten Album und Songs wie „Chelsea Dagger“, „Flathead“ und „Whistle For The Choir“ gingen The Fratellis durch die Decke. Das ist mittlerweile 15 Jahre her. Nach kurzer Katerstimmung etablierte sich das Trio aus Glasgow zumindest in der Heimat als echte Albumband und erreichte zuletzt sogar die britischen Top 5. Nun kommt eine Platte hinterher, die in düsteren Zeiten wie ein kämpferisches Statement wirkt, die auf die Rückkehr von Live-Musik vorbereitet und zugleich die Energie und Macht von gutem Pop betont. „Half Drunk Under A Full Moon“ zeigt die Fratellis vielschichtiger denn je.
„Need A Little Love“ etabliert schnell, wohin die Reise geht, und könnte zugleich von den fieberhaften Stompern der Anfangstage kaum weiter entfernt sein. Die Fratellis treten verspielt auf, nehmen ein wenig Retro-Pop und sogar einen Hauch von Motown mit, arbeiten mit dichten Melodietexturen und feinsinnigen Gesangsmelodien, die gleichzeitig unwahrscheinlich eingängig und doch so grandios gehalten sind. In „The Last Songbird“ scheinen sogar ABBA durchzuschimmern, dann wieder ein Hauch von Schlager. Die Schotten treiben es fast zu weit, und doch setzt sich die Klasse des ungewöhnlichen Ohrwurms irgendwie durch.
Wer auf energische Rocksongs wartet, dürfte enttäuscht werden, doch soll das kein Makel sein. Im Gegenteil, die beschwingte Ausrichtung bekommt The Fratellis sehr gut und das bereits im vergangenen Jahr veröffentlichte „Six Days In June“ spielt ganz vorne mit. Unter anderem winken Toploader und die Hoosiers vorbei. Der eröffnende Titelsong lässt sich hingegen viel Zeit, breitet gleich mehrere dicke Melodieschichten aus und glänzt mit einer Smoothness, die fast schon mit Britpop kokettiert. Im verwaschenen „Action Replay“ kommt abermals entsprechende spielerische Schwere durch, bevor „Hello Stranger“ nachdenkliche Gemächlichkeit später Beatles hervorkramt.
Wer The Fratellis in den letzten Jahren ein wenig aus den Augen (und Ohren) verloren hatte, dürfte von „Half Drunk Under A Full Moon“ überrascht, vielleicht sogar überrumpelt werden. Die Band der ersten Alben ist nicht wiederzuerkennen, was aber nie so wirklich stört. Stattdessen verschreiben sich die Schotten nahezu voll und ganz geschmackvoller Popmusik mit offenem Ohr für längst vergangene Epochen und dichte Melodieteppiche. Gleich mehrere unaufdringliche Hits und die eine oder andere Gute-Laune-Nummer sorgen für wunderbare Unterhaltung. The Fratellis starten abermals durch, bloß eine Spur zurückgenommener. Und immer noch richtig gut.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 02.04.2021
Erhältlich über: Cooking Vinyl (Sony Music)
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