Peter Muffin Trio – Stuttgart 21

Peter Muffin Trio
(c) Marina Buneta

Die Nerven sind nicht nur eine tolle Band, ihre Nebenschauplätze lassen häufig mit der Zunge schnalzen. Julian Knoth baut seinen nun aus. Im Spätherbst 2017 veröffentlichte er als Peter Muffin eine kleine Soloplatte, nun gibt es den Zweitexkurs sogar in Bandbesetzung. Der Sänger und Gitarrist unterhält Unterstützung von Caroline d’Orville von Zirkel sowie von seinem Bruder Philipp, der unter anderem bei den Nerven sowie Karies spielte. Als Peter Muffin Trio bringt man gleich zu Beginn den großen Gag: „Stuttgart 21“ ist fertig, denn so heißt das Debütalbum.

Post Punk geht als gemeinsamer musikalischer Nenner durch, wiewohl das eigentlich nur ein kleiner Eckpfeiler ist. Das eröffnende „An allen Tagen“ klingt herrlich verschroben und verspielt, fast wie eine angejazzte Singer/Songwriter-Nummer mit etwas Bier im Abgang. Dahinter bemüht sich „Supercool“ um eine möglichst schräge und doch verschmitzte Abfahrt, die den Bogen von der NDW zu Keine Übung spannt. Geht dem Punk etwa die bzw. das Post ab? Nun, an dritter Stelle zuckt „Wir sehen uns morgen“ heftig und packt finstere, lautmalerische Aggressivität in etwas über drei nervöse Minuten. Das klappt prima.

In weiterer Folge verfließen die Grenzen zunehmend. So packt das launige, beiläufig vorgetragene „Immer im Weg“ am Höhepunkt Blechbläser aus und entpuppt sich dennoch als Anti-Schunkel-Nummer. Hingegen bemüht „Falsche Richtung SUV“ bratende Monotonie und Schwerfälligkeit auf geschickte Weise. „Zu tun“ vermengt Post-Punk-Muster mit experimentellen Art-Rock-Strukturen, bevor der reduzierte Refrain am Rad dreht. Und dann ist da noch „Stuttgart am Meer“ der ellenlange Rausschmeißer mit wütenden Schleifen, durchgeknallten Schreien und purer Verzweiflung, deren etatmäßiger Post-Ansatz mit noisiger Selbstaufgabe kollidert – was für ein Fest.

Zwar weiß man nach den schrägen beiden Openern nicht so ganz, was man von dieser Platte halten soll – gewiss eine spannende Singlewahl – doch ergeben diese in der Gesamtheit von „Stuttgart 21“ absolut Sinn. Und gehen durchaus ins Ohr. Peter Muffin Trio haben eben kein typisches Post-Punk-Album aufgenommen, was ihnen letztlich zugutekommt, denn die Mischung aus dystopischen Abfahrten, kauzigen Art-Jazz-Gebilden und unvorhersehbarer Explosivität zwischen Fast-Melodien und Fast-Katastrophe unterhält. Und nervt nicht, um auch dieses furchtbare Wortspiel untergebracht zu haben. Man gönnt sich ja sonst nichts, außer diesen sympathisch kuriosen Leckerbissen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 25.06.2021
Erhältlich über: Glitterhouse Records (Indigo)

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