Tree River – Time Being

Tree River
(c) Benjamin Lieber

Langsam, aber beständig wuchsen Tree River seit ihrer Gründung im Jahr 2010, ursprünglich als Soloprojekt von Sänger und Gitarrist Trevor Friedman angedacht. Mittlerweile tritt man als Quartett auf – Produzent Kevin Dye von Gates gilt als eine Art fünftes Mitglied – und baute den Mix aus Alternative Rock und Emo-artigen Sounds immer weiter aus. Die Musik zu „Time Being“ wurde noch vor dem ersten Lockdown, die Lyrics erst während der Pandemie geschrieben. Entsprechend ergibt sich ein spannender Spagat zwischen durchaus energiegeladenen Klängen und Texten, die sich mit düsteren, tiefgründigen Dingen befassen.

Zu den Herzstücken zählt „Same Blood“, ein wunderbar schwerfälliger und doch hochmelodischer Track. Gitarrist Phil Cohen setzt sich mit dem Tod seiner Mutter auseinander, lose an den fünf Phasen der Trauer orientiert. Julia Rozansky (Bass) steuert ein paar Zeilen für diese aufwühlende Hymne bei. Sie übernimmt den Lead-Part im verträumten und zugleich ominösen „Catalyst“, das im besten Sinne unangenehm und doch mitreißend wirkt. Dafür sorgt mitunter Zac Pless, dessen Drums den Song zusammenhalten und selbst in den nachdenklichen Momenten geschickt vorantreiben.

Im Anschluss überrascht „Little Ripper“ als beißender Post-Hardcore-Ritt. Dye steuert ein paar Shouts bei, die Dissonanzen bleiben hängen. Hingegen gibt sich der Opener „Journey Proud“ recht klassisch mit Midtempo-Energie und angedeuteter hymnischer Power. Auch „Laughing With“ geht sofort und ohne Umwege ins Ohr – ein waschechter Kraftbolzen, so kompakt wie ausdrucksstark. Sympathisch gibt sich auch „Thought Bubbles“, dessen Alternative-Elan erst langsam die Flügel ausbreitet und erhabene Momente purer Schönheit zulässt, während im Hintergrund ein Pop-Punk-Track lauern könnte, der sich jedoch vornehm zurückhält.

Eine Sammlung sympathischer Perlen begleitet Tree River nach langer Studiostille in ein neues Jahrzehnt. Im Prinzip bleibt „Time Being“ seinem Sound auf gekonnte, mitreißende Weise treu, zeigt sich noch eine Spur introspektiver, dabei aber so ungemein lebhaft und kraftvoll, wie man es vom Quartett aus Brooklyn mittlerweile fast schon erwartet. Ein Sammelsurium an Alternative- und Emo-Charmebolzen, gepaart mit bedrückender Melancholie und Finsternis, breitet Hook und Schwermut aus. Tree River wollen und müssen unbedingt erhört werden.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 01.04.2022
Erhältlich über: Big Scary Monsters (Membran)

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