The Kills – God Games

Mehr als sieben Jahre sind seit „Ash & Ice“, dem letzten regulären Album von The Kills, vergangen. Nach einer sehr, sehr langen Tour erfuhren die Arbeiten an einem Nachfolger eine pandemische Unterbrechung, wiewohl man den Überschuss an Zeit für weitere Experimente nutzte, neue Ideen und Instrumente einbrachte. Selbst Material, das ursprünglich für Nebenprojekte gedacht war, fand letztlich seinen Platz. „God Games“ entstand mit der Mission, gottlose Spirituals zu schreiben, und den Spagat zwischen persönlichem Atheismus und der Präsenz einer göttlichen Figur in der Musik zu vollbringen.
Wenn sich der Opener „New York“ nach mehreren nahezu stillen Sekunden erhebt und mit seiner entstellten Gitarre durch Mark und Bein fährt, stellt sich klassische Kills-Atmosphäre ein. Ursprünglich auf einem billigen Keyboard geschrieben, bemüht das bluesige Riff aus der Garage alles, was man vom Duo kennt. Das nervöse, zugleich verruchte „Going To Heaven“ probt hingegen direkt den Ausbruch, hält hörbar wenig von Erwartungen und Konventionen. Bass und Schlagzeug wirken schon mal leicht jazzig, Alison Mossharts Vocals versuchen sich festzubeißen, selbst in luftigsten Passagen.
„Blank“ beruht vornehmlich auf Keyboard und Gesang, mit nur dezent beatesken Zusätzen, und bricht den Sound des Duos auf ein Minimum herunter. Auch das gelingt. Im lärmenden, brodelnden „Wasterpiece“ erhält Jamie Hince etwas mehr Freiraum, umgeben von Klängen, die Übertreibung kurz vor dem Zusammenbruch propagieren. Im prächtigen „LA Hex“ bemüht der rhythmische Unterbau HipHop-Vibes, die verzerrte Gitarre tritt erst spät auf den Plan und hat so etwas wie Soul. Davon gibt es in weiterer Folge noch mehr, beispielsweise im herrlich zurückgelehnten Titelsong.
Von Erwartungen und Vorhersehbarkeit halten The Kills herzlich wenig, das machen Mosshart und Hince hier deutlicher denn je. Und: Genau das funktioniert wunderbar, denn „God Games“ bricht immer wieder aus dem Konzept der minimalen Vorhersehbarkeit aus und versucht Neues. Keine Sorge, die typischen Riffs, die bluesige Schwere mit Garage-Rock-Einschlag bleiben erhalten, doch dürfen eben auch frische Beats, synthetische Soundscapes, jazzige Untertöne und andere kleinere Experimente mitmischen. The Kills finden ihre musikalische Mitte mit einem mutigen, ungewöhnlichen und doch überaus logischen Album, auf das man gerne gewartet hat.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 27.10.2023
Erhältlich über: Domino Records (GoodToGo)
Website: www.thekills.tv
Facebook: www.facebook.com/TheKills