Kadavar – I Just Want To Be A Sound

Wandlungsfähigkeit ist zu einem der Markenzeichen von Kadavar geworden. Was bei der Gründung vor 15 Jahren im Stoner-Bereich begann, verwandelte sich sukzessive in eine kompakte Hard-Rock-Vision, bevor man nun in melodischen und psychedelischen Gefilden landete. Seit 2023 durch Jascha Kreft von Odd Couple ergänzt, bewegt sich das Quartett nun in der Sinnfindung des Sounds, der die Musik als Klangraum erkennt, sich gerne mal trägen lässt und doch im richtigen Moment zupackt. Nach zwei Top-Ten-Platten und Songwriting-Arbeiten für Die Fantastischen Vier und Wolfmother zeigt sich „I Just Want To Be A Sound“ so einladend und losgelöst wie noch nie.
Der Albumtitel stammt vom 2013 eingestiegenen Bassist Simon Bouteloup, der keinerlei Social-Media-Accounts hatte und einfach nur Musik sein wollte. Im gleichnamigen Titelsong nähert man sich sogleich der Formvollendung. Hier könnten Kadavar ihr eigenes „Time To Pretend“ gefunden haben, wenngleich sie natürlich nicht bei MGMT abkupfern. Der herrlich jubilierende Song mit seiner überaus euphorischen Gitarre und der poppigen Hook brennt sich jedoch sofort ein. Fünf Indie-Minuten für die Ewigkeit zeigen schnell, was für das Quartett möglich ist, wobei der instrumentale Mittelteil natürlich das eine oder andere komplexe Muster zeigt, nur um direkt wieder zurück zum Ohrwurm zu finden.
Solche Hits gibt es ansonsten nicht, dafür aber „Strange Thoughts“. Kadavar lieben Gedankengänge, die sich vielleicht nicht immer sofort nachvollziehen lassen, die in ihrer leicht verwirrenden Größe aber mitreißen – wie die federnde Rhythmusabteilung und die verwaschenen, sonnigen Psych-Ausritte hier oder im zugleich stampfenden und verklärten „Let Me Be A Shadow“. Retro-Rock-Vibes, ein kleiner Hauch Blackmail und ganz viel Alternative-Gefühl kommen zusammen. Endlose Fast-Hymnen wie „Until The End“ sind aber ebenso typisch für eine angenehm vielschichtige, schwer greifbare Platte. Hier maximiert das Quartett sein Spiel mit dem Klangraum, von den stampfenden Bonham-Drums bis zu den flirrenden Gitarren.
Kadavar öffnen Türen und lassen ihre Musik atmen. Diese weitere Metamorphose bekommt ihnen gut, wiewohl der Weg von den Anfangstagen bis heute ein hörbar weiter war. Macht aber nichts, denn alleine schon der eröffnende Titeltrack zeigt, das es sich für das Quartett gelohnt hat. Eine Hitmaschine werden sie zwar nicht, doch kann „I Just Want To Be A Sound“ auf ganzer Linie überzeugen. Man lässt sich treiben und stellt sich in den Dienst der Musik, von feinsinnigen Ideen und schier endlosen Klangreisen begleitet, von erneuerten Prog-Sensibilitäten, aber auch von Indie- und Alternative-Charme, der gut und gerne höchst eingängig sein darf. Kadavar erfinden sich auf Raten neu und unterstreichen einmal mehr ihren Status als eine der interessantesten deutschen Rockbands der Gegenwart.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 16.05.2025
Erhältlich über: Clouds Hill (Warner Music)
Website: www.kadavar.com
Facebook: www.facebook.com/KadavarOfficial
