No Body – Loves You

No Body
(c) Tabea Clever

Nach dem Ausstieg bei Musa Dagh hat der umtriebige Aydo Abay die nächste Band am Start – und die ist in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Im Sommer 2021 wurde er von Sascha Wiercinski, der als Old Nobody instrumentalen Post Rock macht, angeschrieben, er hätte Musik mit Abays Stimme im Kopf geschrieben. Der lehnt zwar aus Zeitgründen erst einmal ab, bleibt von den Songs fasziniert. Letztlich entschied man sich, ein komplettes Album zu machen. Am Schlagzeug sitzt Thomas Götz (Beatsteaks), mit dem Abay bereits auf der ersten Musa Dagh-Platte zusammenarbeitete. Gemeinsam nennt sich das Trio No Body, der Einstand heißt „Loves You“.

Sämtliche Instrumentals basieren auf Old Nobody-Songs, entsprechend bunt und vielschichtig zeigt sich dieses erste Album – keine reine Alternative-Platte, sondern ein lebender, atmender Organismus mit – Tatsache! – viel Herz. Da wäre beispielsweise „Computer Yearbook 72“, das so etwas wie meditative Unruhe verbreitet, understatet und doch stets getrieben wirkt. Götz‘ Drums entwickeln sich zum famosen Motor eines Tracks, der von seinen bewussten Lücken ebenso lebt wie von wilden Rock-Momenten. Das Post-Präfix schwingt mit, sowohl in der eingängigen ersten als auch in der schroffen, forschen zweiten Hälfte.

Weitere magische Momente verspricht „Twisties“, einer von zwei Sechsminütern, die mystisch und doch zwingend durch verträumte Welten wandern, während das Arrangement weiter anschwillt. Großes Post-Rock-Drama, erstaunlich jazzige Blechbläser am Höhepunkt sowie Abays gerne mal anderweltliche Stimme führen durch das Powerhouse. Im Vergleich dazu fällt der zweite Gigant „Fear Of The Golden Hour“ poppig und doch kolossal aus, ebenfalls von stetem Wachstum gezeichnet. Die omnipräsente Bedrohungslage von „0101“ bemüht drastische Gesten, während „Pancake Heart“ am anderen Ende der Platte durch sein konstantes Auf und Ab, nebst feinsinnigen Harmonien, mitreißt.

„Loves You“ erscheint zunächst wie ein Buch mit Unmengen an Siegeln, bevor sich die Summe der einzelnen Teile langsam, aber sicher im besten Sinne ‚ergibt‘. Das liegt vor allem an der dezent ungewöhnlichen Arrangierung, die ob des Old Nobody-Hintergrunds natürlich anders gedacht war. Und doch findet die Mischung zusammen – dank dynamischem Drumming, großer Stimmgewalt und stilistischer Pluralität, die das Unerwartete und zugleich Emotionale mit wachsender Begeisterung zelebriert. No Body denken Post und Alternative geschickt weiter, öffnen die Arme und lassen ihren Gefühlen freien Laufe. Das braucht Zeit, ergibt sich aber unfassbar großartig – ein packender Einstand und hoffentlich nicht das letzte Lebenszeichen dieses Trios.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 07.03.2025
Erhältlich über: IME Records (AL!VE)

Facebook: www.facebook.com/ABAYofficial