No Trigger – Dr. Album

No Trigger
(c) No Trigger

Stress kennen No Trigger nicht, gerade im Studio. Ihr letztes Album hat bereits ein Jahrzehnt auf dem Buckel, zwischendurch gab es wenige Kleinformate. Nun legt das Sextett aus Worcester im US-Bundesstaat Massachusetts endlich wieder los und zeigt sich dabei von seiner eingängigen Seite. Die Hardcore-lastigen Tage sind lange vorbei, ihr Punk Rock geht meist melodisch von der Hand. An den politischen Texten hat sich allerdings herzlich wenig geändert: „Dr. Album“ ist eine Ode an eine bessere Zukunft, die keinesfalls die Augen vor aktuellen Problem verschließt.

„Antifantasy“ gibt den Takt vor: kantig, knackig und zugleich richtig schön eingängig. Tom Rheault packt ausreichend Dreck in seine Stimmbänder, bleibt dabei offen für Melodien. Pointierte Lyrics kollidieren mit großen Sing-a-longs, der plötzliche Wutausbruch samt Hardcore-Schlagseite in der zweiten Hälfte weiß zu unterhalten. Noch kantiger wird es in „Acid Lord™“, das in einer Minute mal eben alles zerlegt, während die ebenfalls kurze Video-Auskopplung „No Tattoos“ stellenweise in Richtung Punk-Geschwindigkeitsrekord geht. Da darf die eine oder andere Verschnaufpause nicht fehlen, siehe und höre das akustische, semi-balladeske „Euro Coke“.

In „Totally Digital“ ist der Name (fast) Programm. Nicht nur, dass die alte Liebe Pop-Punk mal wieder ums Eck linst, die dezent synthetischen Einflüsse und die hibbeligen Drums steuern ohne Umwege aufs Radio zu und machen richtig Laune. Auch „Coffee From A Microwave“ hat absolutes Ohrwurm-Potenzial und überrascht mit dezenten Emo-Einflüssen; kein Wunder, mischen hier doch die Bay-Area-Emos Little Low mit. Der Refrain bleibt sofort im Ohr und zeigt eine spannende andere Seite von No Trigger. Das tanzbare „Brainwashed“ samt kleinem Ska-Flirt sowie das wunderbar ausufernde und doch präzise „Take Your Time“ erfüllen hingegen sämtliche Erwartungen im besten Sinne.

Es ist eine Rückkehr zu alter Form mit frischem Wind geworden. Von früheren Hardcore-Ideen hört man nur noch wenig, dafür in geschickt gestalteten Dosen. Mehr Punk, mehr Rock und deutlich mehr Eingängigkeit macht „Dr. Album“ hingegen zum absoluten Sympathieträger, der sich durch eine Reihe an Ideen und Subgenres tankt. Selbstverständlich haben No Trigger auch nach ihrer langen Pause richtig viel zu sagen und nehmen kein Blatt vor den Mund – eine gekonnte Mischung, die im besten Sinne an Anti-Flag erinnert. Davon bitte mehr, aber mit möglichst kürzeren Pausen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 26.08.2022
Erhältlich über: Red Scare Industries (Cargo Records)

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