Billy Zach – A Momentary Bliss

Billy Zach
(c) Billy Zach

Der Abgrund ist bei Billy Zach nicht nur omnipräsent, er scheint stets zum Greifen nah, wie das Hamburger Quartett bereits vor drei Jahren auf seinem Einstand „Struggle On“ zeigte. Gefühlt verfinsterte sich die Welt seither nur weiter, was sich auch auf den Sound auswirkt – traditionell bereits in melancholisch bis forschen Post-Punk-Gefilden angesiedelt, die nun eine zusätzliche Dosis Noise abbekommen. Auf „A Momentary Bliss“ entführt die Band in die Untiefen der gesellschaftlichen Unterstadt, stets dem moralischen und emotionalen Absturz nah.

„Don’t Belong“ trägt das Leitmotiv dieser Platte bereits im Titel. Gehört man hier wirklich hin? Was ist eigentlich schief gelaufen? Der schrubbende Basslauf und die tapsigen, zugleich forschen Drums führen zögerlich in den Song ein, die nervöse Gitarre öffnet weitere Untiefen. Und dann ist da noch der tiefe Gesang, dessen Gothic-Anstrich sich nicht von der Hand weisen lässt. Während der Track in einem Bett aus Morast landet, erhebt „No Progression“ den mahnenden Zeigefinger und ergibt sich einer post-urbanen Ernüchterung, welche an die ersten Alben von Karies erinnert. Der gespannte, zappelnde Abgang passt ins Bild.

Doch auch die überlangen Exkurse beherrschen Billy Zach weiterhin. Nicht nur das, sie bauen diese weiter aus und suhlen sich in melancholischer Hoffnungslosigkeit. So hört sich „But Still“ wie eine Messe der Verdammnis, versinkt in Treibsand, bis schließlich der letzte Atemzug versiegt. Hingegen geht „Disappointed“ nach vorne, zeigt sich explosiv und spannungsgeladen. Billy Zach wirken wie Getriebene und suchen nach einem Sinn in der Sinnlosigkeit. Gerade die letzte Minute mit der zunehmend eskalierenden Bass-Schleife kommt gut. Und dann? Das plötzliche, viel zu abrupte Ende.

Über diese Dreiviertelstunde zieht sich die Schlinge enger und enger, fast unbemerkt, bis es zu spät ist. Die Enttäuschung des unaufhaltsamen Endes begleitet Billy Zach auch auf ihrem zweiten Album. „A Momentary Bliss“ hofft auf gelegentliche Hochs, auf die unweigerlich Zermürbung und Zerstörung folgen. Ihren Post Punk entwickelt das Hamburger Quartett weiter, drängt in industrielle Gefilde, nimmt Gothic-Chic mit und schreckt selbst vor Noise-Schleifen nicht mehr zurück. Nerven wie Drahtseile sind ein Muss für diese feine Ode an gesellschaftliche und zwischenmenschliche Abgründe.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 27.01.2023
Erhältlich über: La Pochette Surprise (Membran)

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