You Me At Six – Truth Decay

You Me At Six
(c) Freddie Stisted

Aktuell schwimmen You Me At Six auf einer verdienten Welle des Erfolgs. Mit „Suckapunch“ schafften sie es zum zweiten Mal die Spitze der britischen Albumcharts und erreichten in Deutschland mit Platz 54 einen neuen Bestwert. Bei den Arbeiten am Nachfolger konzentrierte man sich schnell auf die alten Werte, angespornt von einer Fülle neuer, hungriger Emo-Bands. Die musikalischen Wurzeln kamen durch und gesellten sich zu vertrauten, leicht experimentellen Pop/Rock-Klängen. „Truth Decay“ wirkt somit im besten Sinne wie ein Brückenschlag zwischen Alt und Neu.

Diese Zusammenkunft gipfelt unter anderem in „God Bless The 90s Kids“, das Radio-Sensibilität mit Throwback-Charme vermengt. Die locker angeschlagene Gitarre trifft auf viel Gefühl – simpel, aber verdammt effektiv. „Who Needs Revenge When I’ve Got Ellen Rae“ wagt sich in Emo-Untiefen vor, alleine schon ob des Titels. Zudem trägt der Refrain die treibende Tanzbarkeit des Fall Out Boy-Klassikers „Thnks Fr Th Mmrs“ in sich und geht nicht mehr aus dem Ohr. In „:mydopamine:“ kommt die emotionale Schwere ebenfalls wunderbar durch, begleitet von einem herrlich zuckrigen Refrain, der sich doch nie so wirklich unangenehm aufdrängt.

Überhaupt setzt es auch auf dieser Platte wieder Hits am laufenden Band. „Mixed Emotions“ verfügt nicht nur um einen ellenlangen Sub-Titel, sondern setzt sich ebenso fest. Der Chorus ist im besten Sinne übertrieben und kunterbunt, aber das passt schon so. Auch „heartLESS“ schreit nach dem Radio, bloß deutlich zurückgenommener und mit mehr Elektronik. Hier lassen You Me At Six den Song kommen, langsam wachsen und gedeihen. Das funktioniert wunderbar. Digitale Untertöne schimmern auch in „Ultraviolence“ durch, das zudem ein wenig Abrissbirne und Sehnsucht mitnimmt. Das eröffnende „DEEP CUTS“ platziert sich ebenfalls zwischen den Stühlen, mit etwas Emo angereichert, und passt prima als Aufgalopp für diese vielschichtige Platte.

Die nächste Top-Position scheint gesichert: You Me At Six setzen auf Veränderung im Kleinen, ohne auch nur im Ansatz zu übertreiben oder zu ermüden. Die zusätzlichen Emo-Einflüsse bei zu gleich etwas geringerem Electro-Anteil lassen „Truth Decay“ insgesamt eine Spur erdiger erscheinen. Am Pop-Chic wird allerdings nicht gespart, was den Briten gut bekommt. Eingängige und zugleich energische Songs, die sich zu keiner Seite ans Radio anbiedern, brennen sich ein und verlangen abermals eine große Bühne. In dieser Form kann das Quintett nichts falsch machen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 10.02.2023
Erhältlich über: Underdog Records / AWAL Recordings (Membran)

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