Ron Gallo – Foreground Music
Warum aufgeben, wenn man auch ordentlich Lärm machen kann? Nach diesem Motto geht Ron Gallo sein neuestes Album an. Anstatt Gentrifizierung, Immboilienspekulanten, Wirtschaftsmagnaten und Extremisten das weite Feld zu überlassen, wird musikalisch zurückgeschlagen. Zwar dürfte der Untergang unvermeidbar sein, aber deswegen kann man immer noch kämpfen – diesem Motto folgt „Foreground Music“, ein weiterer Streifzeug durch verschiedenste Pop- und Rock-Sounds mit manch einem Experiment und unheimlich hohem Energielevel.
Das schrille, nervöse „At Least I’m Dancing“ wirkt wie ein Statement mitten im Chaos. Dance-Punk-inspirierte Klänge gesellen sich zu Gallos fieberhaftem Vortrag, der gerne mal an Hanni El Khatib erinnert. Das schräge Arrangement mit schemenhaften Momenten der Idylle passt wie Faust aufs Auge. Auch das eröffnende „Entitled Man“ geht laut und deutlich nach vorne, fährt die imaginären Ellenbogen aus und übersteuert komplett. Hinter der entstellten Gitarre verbirgt sich eine clevere Idee, sehr punkig und doch eingängig. Zwischen den beiden Tracks wartet der Titelsong, insgesamt etwas harmoniebedürftiger und mit seiner Distortion zugleich überaus brutal vorgetragen.
Gemeinsam mit Santa Chiara tastet sich Gallo durch „Anything But This“. Hier setzt sich Retro-Rock-Charme durch, mit etwas Fernweh behaftet, zugleich locker aus der Garagenhüfte schießend. In „Yucca Valley Marshalls“ breitet sich fast schon so etwas wie ein Idyll aus. Deutlich klarer und melodischer, aber nicht weniger vielschichtig fällt der butterweiche, plüsch-poppige Vortrag aus. Auch hier geht es immer nach vorne, und das folgende „San Benedetto“ singt ein kräftiges Lied davon. Dass die Gitarre im Soloteil in der eigenen Übersteuerung absäuft, hat Stil und Methode. Das butterweiche und zugleich suchende „I Love Someone Buried Deep Inside Of You“ verabschiedet sich fragil und doch eindringlich.
Eine wilde, kunterbunte Reise später zucken die Mundwinkel selbst im Angesicht des unvermeidbaren Wahnsinns unweigerlich nach oben. Ron Gallo legt den Finger in die Wunde und bastelt kleine Ohrwürmer rundherum, die eigentlich keine sein wollen. „Foreground Music“ wird von wütenden Druckwellen der Distortion heimgesucht und filetiert, nur um im Kern herrliche Eingängigkeit mit cleveren, drastischen Texten zu vermengen. Diesem Meer der Gegensätze entsteigt abermals ein starker Sänger und Songwriter, der sich wesentlich mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Ron Gallo kann aktuell offenkundig nichts falsch machen.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 03.03.2023
Erhältlich über: Kill Rock Stars (Bertus)
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