Black Moon Circle – Leave The Ghost Behind

Black Moon Circle
(c) Thor Egil Leirtrø

Gut Ding will ab und an etwas sehr viel Weile haben, und so ließen Black Moon Circle nach „Psychedelic Spacelord“ fünf Jahre vergehen. Untätig war das norwegische Trio aber keinesfalls und arbeitete fleißig an neuer Musik mit ihrem neuen Drummer Tomas Järmyr (u. a. Motorpsycho). Aus Jams entstanden und mit viel Geduld verfeinert, treffen die Kräfte freier Improvisation mit ihrer kompakten Unvorhersehbarkeit auf erdiges Songwriting der ausufernden Sorte. „Leave The Ghost Behind“ dehnt sechs Songs auf 80 Minuten aus und erreicht damit die Grenzen des Machbaren. Das funktioniert erstaunlich gut.

Wenn der Opener bereits elf Minuten dauert und damit zu den etwas kürzeren Episoden zählt, dann muss ordentlich etwas im Busch sein. „Snake Oil“ hangelt sich sehr, sehr langsam ins Geschehen, wird von endlosen Synthesizern und schroffer Distortion schleppend eingeleitet. Erst nach gut drei Minuten kommt so etwas wie ein Riff durch, der raue Gesang wird zum weiteren Instrument, und doch passiert insgesamt recht wenig – eine schleppende, zugleich sehr lohnenswerte Angelegenheit. Auch „Cohiba“ scheint nicht so recht auf Touren zu kommen, doch liegt im Ausreizen endloser Schleifen letztlich der Reiz des absoluten, überschäumenden Wahnsinns.

Das Hauptaugenmerk gilt jedoch den zwei XXL-Tracks. „Psychedelic Spacelord (Lighter Than Air)“ schrubbt mit beißender Heavyness voran, lässt Raum für ein Bass-Solo, während virtuose Drum-Rolls das Arrangement intensivieren. Der minutenlange Space-Teil in der Mitte mit allen Effekten und schier endlosen Schleifen, über den Øyvin Engan sehnsüchtige Vocal-Fragmente philosophiert, geht unter die Haut. Das abschließende „Radiant Sun“ nimmt sogar knapp 23 Minuten in Beschlag und langweilt doch zu keiner Phase. Psych-Fernweh, nahezu metallisches Riffing, kaputte Griffbrett-Hexerei sowie eine pulsierende Rhythmusabteilung halten unzählige Parts zusammen. Hier kommt der Jam-Charakter besonders gut durch, speziell wenn das Ding nach 14 Minuten im Chaos versinkt.

Vielleicht wagen sich Black Moon Circle stellenweise zu weit hinaus, das mag durchaus sein, und doch sorgt diese konsequente Ausreizung aller musikalischen Möglichkeiten für anhaltende Begeisterung. „Leave The Ghost Behind“ übertreibt selbst für Psych- und Space-Verhältnisse, doch liegt gerade darin der Reiz. Zahlreiche Schleifen, kaputte Jams, aber auch gefühlvoll-minimalistische Exkurse durchfahren Herz, Seele und Hirn wie heiße Messer. Die Übertreibung führt die Norweger zu neuen Höhen, man muss bloß die nötige Geduld für diesen Husarenritt mitbringen, der locker mit den Großen des Genres mithalten kann.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 21.04.2023
Erhältlich über: Crispin Glover Records / Stickman Records (Soulfood Music)

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