Jonathan Rado – For Who The Bell Tolls For
![Jonathan Rado (c) Luke Suzumoto Jonathan Rado](https://www.beatblogger.de/wordpress/wp-content/uploads/2023/11/jonathanrado.jpg)
Tribute-Platten sind in der Regel eher traurige, behäbige, ehrfürchtige Angelegenheiten. Das hat wohl niemand Jonathan Rado gesagt. Eigentlich wollte der Multi-Instrumentalist von Foxygen sein drittes Solowerk auch ganz anders anlegen, doch der Tod zweier guter Freunde binnen einen Jahres – Mentor und Produzent Richard Swift sowie Zeichner und Illustrator Danny Lacy – hinterließ Spuren. Allerdings wollte Rado eben keine schmalzige Platte aufnehmen, sondern sich einfach in der Musik verlieren und dabei, gerne mal augenzwinkernd, die Erinnerungen an wichtige Weggefährten hochhalten. Exakt das gelang mit „For Who The Bell Tolls For“ gar wunderbar.
Rado orientierte sich musikalisch an Brian Enos etwas rockigeren Alben aus den 1970ern, ohne sich jedoch komplett in derlei Klangwelten zu verlieren. Und doch lassen sich diese nicht von der Hand weisen, wie der eröffnende Titelsong recht eindrücklich unter Beweis stellt. Die anmutige Eleganz der dichten Pop-Texturen, kunstvoll und doch eindringlich, wirkt wie aus der Zeit gefallen und bietet Rados angenehmer Stimme die perfekte Bühne. Der Trauerkloß wird zur Fanfare auf die Erinnerung und stellt zugleich fest, dass immer mehr Freunde, aber auch persönliche Helden und Legenden verschwinden werden. All das breitet Rado auf knapp sieben Minuten aus, bis zum gewaltigen Finale.
Das krasse Gegenstück wartet am anderen Ende des Albums, ähnlich lang, aber rein instrumental und nachdenklich. „Yer Funeral“, das sich Swifts Sprachwitz gekonnt bedient, hat noch am ehesten etwas von einem Requiem und findet dennoch eine erstaunlich glammige Leichtigkeit selbst in den traurigsten Momenten. Hingegen erkennt „Easier“, dass das Leben mit den Freunden einfacher war, was das Danach um vieles härter macht. Herrliche Streicher, etwas Kitsch und mächtige Melodien mit Technicolor-Einschlag machen Laune. Das herrlich verwegene, sich selbst zersetzende „Farther Away“ bricht hingegen mit Pop-Konventionen und lebt Experimentalität gar fantastisch vor.
„For Who The Bell Tolls For“ ist eine Ode aufs Leben geworden, die keinesfalls vor nachdenklichen bis rührseligen Momenten zurückschreckt, es zugleich schafft, diese ohne Kitsch oder Peinlichkeit zu gestalten. Stattdessen trifft man auf einen Jonathan Rado, der sich als Musiker und Songwriter erneut weiterentwickeln kann, der im besten Sinne frische Qualitäten zeigt, ohne sich komplett und unnötig kreativ zu häuten. Die sprichwörtliche Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte und bietet sieben von vorne bis hinten fantastische wie unterschiedliche Songs, die ein schweres und zugleich höchstpersönliches Thema eindrucksvoll zugänglich gestalten. Schöner kann man guten Freunden kaum gedenken.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 01.12.2023
Erhältlich über: Western Vinyl (Cargo Records)
Bandcamp: jonathanrado.bandcamp.com
Instagram: www.instagram.com/jonathanrado