Klez.e – Erregung
Vor gut sieben Jahren veröffentlichten Klez.e mit „Desintegration“ das beste Cure-Album, dass Robert Smith und Konsorten seit gefühlter Ewigkeit nicht hinbekommen. Während die Briten immer noch auf neues Material warten lassen, melden sich Tobias Siebert, Daniel Moheit und Filip Pampuch endlich mit Nachschub zurück. Der hätte eigentlich schon viel früher kommen sollen, denn nach zwei Tourneen entstanden etwa 50 Demos im Proberaum. Dann aber die Pandemie, die Lockdowns, die erzwungende Distanz und damit die künstlerische Pause, von Nebenschauplätzen und dem, was man so ‚Leben‘ nennt, ganz abgesehen. Nun landet „Erregung“ doch und setzt den eingeschlagenen Weg gekonnt fort.
Der eröffende Titelsong ist ihr Opus Magnus, unter dem Eindruck des Krieges aufgenommen und von Persönlichem begleitet. In „Erregung“ sucht Siebert nach dem Ausdruck der Ohnmacht über das globale Geschehen, während der Siebenminüter gemächlich eskaliert. Der schabende Basslauf, die kraftvollen Drums, die verstörende Melange aus Gitarre und Synthetik – ein konstant eskalierender Leckerbissen. Als ersten Vorboten wählten Klez.e allerdings „Düster“, das sich vier Minuten lang durch die Szenerie schleppt und inmitten der geloopten Echokammer steht. Gothic und Wave bandeln mit dem Post-Präfix an und bitten um Erlösung.
Obwohl das Album alles andere als eine „Tortur“ ist, bemüht der gleichnamige Song die Anstrengung, während der die Instrumentierung immer wieder auf ein Minimum herunterbricht und stattdessen den Zwischenraum zum Ort der Künste und Emotionen verklärt. Während sich die Gedanken sortieren, brechen Klez.e alles auf. „Herbstherz“ spielt hingegen mit Schmalz und Kitsch, ohne sich aussichtslos zu verirren. Marschierende Schwerfälligkeit und eine bizarre, verspielte Melodie duellieren mit großen Goth-Ideen, auf die nur ein kurzer, direkter Song wie „Mr Dead & Mrs Free“ folgen kann. Der Hit dieser Platte will eigentlich keiner sein und lässt unter dem butterweichen Äußeren spannende Abgründe erkennen.
Wenngleich sie nicht 100%ig an die große Klasse des Vorgängers herankommen, konsolidieren sich Klez.e auf verdammt hohem Niveau. Abermals widmet sich das Trio The Cure, wenngleich sich längst nicht mehr alles um die Eigenheiten der Briten dreht. Dennoch zeugt „Erregung“ von einer Band, die ihre Klangästhetik gefunden hat und kultivieren möchte. Der Titelsong überstrahlt alles, doch auch rundherum warten allerlei kleine und große Schätze darauf entdeckt zu werden. Gerne lässt man sich in die warme Umarmung der melancholisch-verzweifelten Kühle fallen und ringt um Fassung in einer Welt, die dieser längst entwachsen scheint. Mit freudiger Erregung wird eine weitere Schönheit im Albumformat begrüßt.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 23.02.2024
Erhältlich über: Windig (Cargo Records)
Website: www.klez-e.de
Facebook: www.facebook.com/Klez.e