Glazyhaze – Sonic

In Italien wächst aktuell eine spannende Generation an Gitarrenbands heran, vielfältig aufgestellt und zudem richtig gute Songwriter. Glazyhaze reihen sich nahtlos in diese Riege ein. Erst Ende 2021 in Venedig gegründet, veröffentlichte das Quartett mit „Just Fade Away“ bereits ein Album, das sich via Shoegaze zum ehrlichen Ausdruck von Emotionen jenseits gesellschaftlicher Normen vorarbeitete. Auch der Nachfolger „Sonic“ kommt gefühlvoll ums Eck, widmet sich jedoch der Liebe in all ihren komplexen Subformen. Passend dazu wagt man musikalisch deutlich mehr und teilt diesen Zweitling in eine vergleichsweise fröhliche, melodische und eine beschauliche, introspektive Seite.
„What A Feeling“ leitet das Album ein und könnte zugleich eine zweite Überschrift sein, geht recht flott und forsch in die Vollen. Sängerin und Gitarristin Irene sorgt mit ihrer hellen Stimme für einen spannenden Gegenpol zur frontalen Ausrichtung, nach knapp zwei Minuten ist erst einmal Schluss. Danach suchen und und finden Glazyhaze ihren Rhythmus, begleitet von so kuriosen Ausritten wie „Nirvana“ mit Drum-Computer-ähnlichen Klängen und Dream-Pop-Resten vom Einstand. Sympathisch ist auch „Breath“, das den erwarteten Shoegaze mit vorwitziger Melodik kombiniert und damit angenehm an The Cure erinnert, oder das butterweiche, treibende „Dwell“, auf seinen unendlichen Klangweiten reitend.
Tatsächlich verfinstert sich der Himmel in weiterer Folge, wenn auch nicht vollständig. „Slap“ lebt beispielsweise von seinen schrägen Effekten, bettet den Gesang tiefer ins Arrangement ein und explodiert aus dem gefühlten Nirgendwo. Der Titelsong „Sonic“ setzt auf verstärkte Post-Punk- und Alternative-Einflüsse, übt erstaunlichen Druck über seine dominanten Drums aus und wirkt doch fast jenseitig vorgetragen. „Not Tonight“ mag es hingegen nervös und hektisch, gibt sich flackernden Lichtern hin und sagt gängigen 08/15-Shoegaze-Mustern tatsächlich den Kampf an. Der Post Punk mit 80s-Fokus ist vielleicht nicht neu, aber verdammt gut gemacht.
Im Grunde trifft das auch auf das gesamte Album zu, das vielleicht ohne revolutionäre musikalische Erkenntnisse auskommen mag, seine Sache dafür verdammt gut macht. Vom Dream-Pop und den psychedelischen Klängen des Vorgängers hört man vergleichsweise wenig, stattdessen bekommt Shoegaze neue Geschwister, die vor allem in den 80ern (Post Punk) und 90ern (Alternative Rock) beheimatet sind. All das findet obendrein auf gekonnte und schwer unterhaltsame Weise zusammen. Ohrwurm hier, emotionale Herausforderung da, sympathische Wendung mittendrin – „Sonic“ erfindet das Rad nicht neu, serviert dafür eine verdammt gute halbe Stunde ohne den kleinsten Durchhänger. Glazyhaze bestätigen ihre starke Frühform und entwickeln sich auf mächtige Weise weiter.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 21.03.2025
Erhältlich über: Eigenvertrieb
Facebook: www.facebook.com/glazyhazeband