Helgi Hrafn Jónsson – For The Rest Of My Childhood
Island ist ein Mekka musikalischer Schönheit, egal ob man Björk, Minus oder Sigur Rós Minus heißt. Helgi Hrafn Jónsson kennt letztere Post-Rock-Größe besonders gut, hat er neben Teitur und Tina Dico doch auch das Quartett mit dem Geigenbogen bereits live unterstützt. Billiges Namedropping, um einer Obskurität nahe dem Polarkreis Gehör zu schenken? Mitnichten, denn mit Jónssons zweitem Soloalbum „For The Rest Of My Childhood“ halt die Natur belassene Schönheit wieder Einzug in das Singer / Songwritertum.
Stimmlich erinnert der Protagonist tatsächlich ein wenig an den Färinger Teitur und Jónsi von Sigur Rós – an letzteren speziell, weil Jónsson seine Stimme ebenfalls gerne, allerdings nur gelegentlich, als Instrument einsetzt („This Solicitude“). Soll aber nicht heißen, dass man den Texten keinerlei Gewichtung beimessen darf. Die geradlinig marschierende Single „Digging Up A Tree“ zum Beispiel ist gespickt mit feinsinnigen Metaphern, dank dezentem Folk-Einschlag überdies uneingeschränkt hörenswert.
„For The Rest Of My Childhood“ ist der musikalische Spagat zwischen Helgi Hrafn Jónssons isländischer Heimat und der westlichen Welt. Besonders dessen Zusammenstöße – ein ergiebiger wie mitreißender Cultural Clash – machen besagtes Album hörenswert. „Dry Run“ mit klassischer Marschrichtung und Streichereinsatz ist gefühlvoll und leidenschaftlich, während in „Ashes Away“ eben jenes Island durchscheint, das man durch die erwähnten Avantgarde-Künstler bereits bestens kennt, allerdings weder abgeschmackt noch ausgeleiert.
Das ist eben Helgi Hrafn Jónsson, ein leidenschaftlicher Songwriter mit stechend schönem Organ und einem Gespür für verzaubernde Songs. Dennoch sollte man „AM Radio Signal“ nicht während einer langen Zugfahrt hören. Es sei denn, man möchte stundenlang seine Gedanken um ein Nordlicht und seine Gitarre kreisen lassen.
VÖ: 09.10.2009
Sevenahalf Records (Broken Silence)
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