Violent Evolution – Die Geschichte von Kreator

Violent Evolution - Die Geschichte von Kreator

Sie waren ganz oben, ganz unten und sind jetzt wieder zurück auf dem Thrash-Olymp: Kreator, die Rifflegenden aus Altenessen. In ihrer über ein Vierteljahrhundert andauernden Geschichten haben Mille Petrozza, Ventor und sämtliche Mitstreiter der verschiedenen Kreator-Inkarnationen sämtliche Höhen und Tiefen durchlebt, Krisen erfolgreich gemeistert. Zeit für einen Rückblick, wa? Nein, nicht etwa ein Greatest Hits-Album – das können ja alle. Ab sofort steht die Bandbiographie „Violent Evolution – Die Geschichte von Kreator“ in den Läden.

Autor Hilmar Bender ist kein Unbekannter, war drei Jahre mit Tomte unterwegs und hat das hervorragende „Die Schönheit der Chance – Tage mit Tomte auf Tour“ geschrieben. Als im Ruhrgebiet Geborener bringt er das Grundverständnis für die spezielle Situation um Kreator mit, die zwischen Thrash-Riffs und Tagebau ihre eigene Identität gefunden haben. Bender hält sich weitestgehend im Hintergrund, lässt vor allem (Ex-)Bandmitglieder und Weggefährten zu Wort gekommen, während er selbst nur verknüpft und verbindet, behutsam den sprichwörtlichen roten Faden spinnt und mehr und mehr die Rolle eines Engvertrauten annimmt, zwischen latent-autarkem Habitus und Beobachterperspektive pendelt.

Sieht man von der etwas eigenwilligen Optik des Textkörpers mit seinen zahlreichen Absätzen und Zeilensprüngen, sowie dem wohl etwas ‚lockeren‘ Lektorat ab, hat Bender hier ganze Arbeit geleistet. Anhand von Zitaten der Gründungsmitglieder Mille und Ventor, diversen Ex-Kollegen, Bekannten aus der Region, befreundeten Bands, Promotern, Produzenten und prominenten Fans konstruiert er die Geschichte von den schweren Anfängen im tiefsten Ruhrpott, bei denen man sich unweigerlich an die hervorragende Metal Hammer-Serie „Metal im Pott“ erinnert fühlt. Dem Tagebau versuchte man zu entkommen, kannte die furchtbaren Horrorgeschichten aus der eigenen Familie oder von Freunden, suchte sich Spitznamen, bearbeitet anfangs noch recht billige Elemente und war kurze Zeit später schon auf Tour in Amerika. Anekdoten über dubiose Clubbesitzer und die ausgeflippte Meute in Santiago de Chile geben sich die Klinke in die Hand.

Angenehm an „Violent Evolution – Die Geschichte von Kreator“ ist die ehrliche, aufrichtige Darstellung sämtlicher Krisen, anhand derer man mehr und mehr den Eindruck gewinnt, wie fest die Herren mit beiden Beinen auf dem Boden stehen. Musikalische Übergangslösungen und Lineup-Wechsel werden ebenso ungeschönt wiedergegeben wie die desaströse empfundene Rolle in der Doku „Thrash, Altenessen“ oder die große Krise Anfang 2000, mit der das Buch eröffnet. Es ist eine positive Message, die einem mit auf den Weg gegeben wird: Freundschaft, Talent und harte Arbeit holen dich auch aus dem tiefsten Loch heraus, machen das Unmögliche möglich, retten. Und: Bleib dir selbst treu. Das Riff über alles, Kompromisse nur dann, wenn sie sinnvoll erscheinen – eine wichtige Lektion aus der Zusammenarbeit mit Moses Schneider, aus der das Wunderwerk „Hordes Of Chaos“ entstanden ist.

Metal- und Kreator-Fans dürfen sich über ein charmantes, von Grund auf ehrliches und hervorragend zusammengeleimtes Stück Thrashgeschichte in gebundener Form freuen. „Violent Evolution – Die Geschichte von Kreator“, das sind 224 Seiten mit historischem Charakter, einer angenehmen Pluralität an Stimmen und dem eisern nach vorn gerichteten Blick, frei nach Oliver Kahns „weiter, immer weiter“. Benders Rückblick in die Zukunft hätte mit Sicherheit ein besseres Lektorat verdient, punktet dafür aber mit Inhalt, einer hervorragenden Fotoserie und – ein Schmankerl für alle Statistiker – einem Versuch sämtliche Kreator-Konzerte seit 1986 aufzulisten. Für diese gilt wie für die Geschichte von Kreator an sich: Ende offen.

VÖ: 14.03.2011
UBooks-Verlag
Hardcover, 224 Seiten, über 50 Farbbilder

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