Yeasayer – Fragrant World

Yeasayer

Auch wenn sie mit ihrem zweiten Album „Odd Blood“ in Großbritannien und ihrer US-amerikanischen Heimat erstmals Chartluft schnuppern, ja sogar den einen oder anderen Song in diversen TV-Shows unterbringen konnten, bleiben Yeasayer nach wie vor ein Insidertipp, wenngleich auch ein etwas prominenterer. Ihr experimenteller, psychedelisch-elektronischer Zugang zu Rock- und Popmusik ist ob seiner Komplexität sicherlich nicht jedermanns Sache. Für „Fragrant World“, das mittlerweile dritte Album, schlagen die US-Amerikaner erneut einen kleinen Haken, reduzieren die Rock-Elemente auf ein absolutes Minimum und widmen sich insbesondere einer Mischung aus RnB und Pop der 80er und 90er.

Die erste Single „Henrietta“ deutete diesen etwas eigenwilligen Schritt bereits an, auch wenn der Synthi-lastige Auftakt mit Geblubber und dezentem Stateless-Vibe halbwegs konventionell ausfällt, ebenso die dezent eingesetzten Gitarren im Refrain. Rundherum ist Platz für Soul und RnB, für verdammt beseelte Vocals und elektronische Leichtigkeit. Als vermeintlicher Crossover-Track gen Mainstream taugt möglicherweise „Reagan’s Skeleton“, würde man die schneidende Melodie wegnehmen, die den 80s-Wave-Pop-Track einrahmt. Gelegentlich schwingen die Pet Shop Boys, ja sogar Depeche Mode mit, wobei der Instrumentalpart ein wenig an eine Minimal-Version des „Break The Silence“-Remix erinnert.

Ebenso verhältnismäßig konventionell, für Yeasayer aber ziemlich weit draußen und irgendwie anders, ist „Folk Hero Shtick“, das mal an Hot Chip, dann wieder stellenweise an die Doors erinnert. Kauziger Electro-Pop trifft auf 60s-/70s-Klänge und macht gerade ob der vermeintlichen Unvereinbarkeit dieser beiden Welten unheimlich Laune. Gerade der gängige Bandsound dieser Platte unterhält aber ebenso, vor allem wenn man den etwas blassen Opener „Fingers Never Bleed“ hinter sich gelassen hat. „Longevity“ mischt einen obskuren, experimentellen Electro-Shuffle mit RnB-Vocals und C64-Klängen, während „No Bones“ in etwa so klingt, als würde man durch die Jalousien eines düsteren, verlassenen, verfallenen Hauses auf die glammige Electro-Pop-Welle aus Down Under linsen.

Die marginale Kurskorrektur erweist sich als gute Entscheidung: Auch ohne Gitarreneinsatz – auf den Vorgängern sowieso ein eher unscheinbares Element, wobei der Songaufbau so mancher Nummer durchaus Rock-Tendenzen hatte – bleiben Yeasayer spannend. Gerade die dezente RnB-Note macht die komplexen, experimentell-elektronischen Klanglandschaften auf „Fragrant World“ reizvoll, verleiht ihnen eine gewisse Retronote, lässt tief in die Seele der US-Amerikaner blicken. Wer Hits will, muss weiterhin bei prominenteren Kollegen suchen, doch die Mischung aus Klaustrophobie, Chemie-Baukasten und Motown-Apokalypse funktioniert auch in seiner dritten, runderneuerten Auflage hervorragend.

VÖ: 17.08.2012
Mute Artists Ltd. (Goodtogo)

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