Eleonora – The Ghost
Im zarten Alter von fünf Jahren entdeckte Eleonora Zaripova ihre Liebe zur Musik und schlug einen entsprechenden Bildungsweg ein. Zehn Jahre später verschlug sie eine schwere, fast tödliche Leukämie-Erkrankung nach Berlin. Die gebürtige Russin überlebte, machte die deutsche Hauptstadt fortan zu ihrer neuen Heimat und widmete sich neuen musikalischen Pfaden. Als Eleonora spielt sie mit TripHop und elektronischen Alternative-Sounds. Klingt sperrig, weiß aber zu faszinieren: „The Ghost“ ist ihr eindrucksvolles Debüt.
Schnell wird klar: Diese 37 Minuten entziehen sich gekonnt und präzise jeglichen Kategorisierungsversuchen mit wachsender Begeisterung. Was genau die Protagonisten in der ersten Minute von „Right Away“ singt, lässt sich nicht so leicht sagen, und doch berührt es. Umgeben von reduzierter Düsternis, wuchtigen Beats und technoider Schwere, wird Eleonora zur Sinnsuchenden. Das nahm bereits der eröffnende Titelsong mit seinem Hang zu Hall und Hauch vorweg. Angedeutete Gitarren, kurz angeschlagen und schnell wieder verstummt, tropfen auf die stille Wasseroberfläche. Die kurze Beschleunigung zum Ende hin lässt kurz aufhorchen.
Gekonnt entzieht sich Eleonora jeglicher Kategorisierung, destilliert Sound und Präsentation auf technoide Schönheit, die Ellen Allien mit Tricky verbindet. Ein „Love Me“ lebt von seinen durchaus wütenden, mit Nachdruck einschlagenden Beats, definiert sich aber über die geschickt gesetzten, atmosphärisch veranlagten Zwischentöne. Gegen Ende taucht die Klangkünstlerin schließlich in Retro-Electro-Gewässer ein. Diese deuteten sich bereits mehrfach an, unter anderem in den lässigen Handclaps von „For God’s Sake“, die in diesem durchaus entspannten und doch mobilisierenden Track nur oberflächlich fehl am Platz wirken.
Was auch immer „The Ghost“ musikalisch versucht, es funktioniert. Eleonora versucht erst gar nicht, elektronische Konventionen und Erwartungen zu erfüllen, sondern erklärt jahrzehntelange Genre-Entwicklungen zu ihrer ureigenen Spielwiese. Ihre Sound-Collagen wirken gleichermaßen schroff wie bezaubernd, die Präsentation federleicht und doch bleiern schwer. In nur 37 Minuten öffnen sich Tore zu neuen Dimensionen. Etwas Mut ist gefragt, um diese auch zu durchschreiten und sich in dieses ungewöhnliche wie faszinierende Album fallenzulassen.
The Ghost
VÖ: 27.10.2017
Optical Records (H’art)
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