Jakuzi – Hata Payı

Jakuzi
(c) Aylin Gungor

Die Türkei ist auch 2019 für viele Deutsche ohne entsprechendem familiären Hintergrund ein musikalisch ziemlich unbeschriebenes Blatt. „Şımarık“, den Kuss-Song von Tarkan, werden die meisten noch kennen, genau wie Sertab Ereners ESC-Siegertitel „Every Way That I Can“. Aber sonst? Doch natürlich ist die türkische Musik wesentlich vielfältiger, und neben orientalisch angehauchtem Ethno-Pop gibt es auch eine türkische Heavy Metal-Szene, viele HipHop-Interpreten, Dance-Künstler – und auch türkischen Synthie-Pop. Für letzteren sind Jakuzi spätestens seit ihrem Album „Fantezi Müzik“ bekannt, welches bei Bandcamp regelmäßig in den Top 10 zu finden war und dort nicht zuletzt mit seinem arg speziellen Ledermaskencover für Aufsehen sorgte. Dass das Duo aus Istanbul keine Eintagsfliege ist, beweist das Zweitwerk „Hata Payı“.

Tatsächlich ist es Jakuzi, bestehend aus dem ursprünglich aus der Garage Punk-Szene stammendem Taner Yücel und dem Sänger Kutay Soyocak, gelungen, sich im Vergleich zum schon sehr ordentlichen Vorgänger in jeder Hinsicht zu steigern. Allen Songs, die sämtlich in türkischer Sprache intoniert wurden, umweht dieser magische Hauch purer 80er-Nostalgie. Mit billigen Keyboards, stumpfen Gaga-Sounds oder auch der durchproduzierten Künstlichkeit damaliger S/A/W-Produktionen haben Jakuzi nichts am Hut, stattdessen kommen Assoziationen zu echten Künstlern wie David Bowie, Roxy Music, Joy Division und nicht zuletzt auch Depeche Mode auf.

Die Band geht auf „Hata Payı“ um einiges düsterer und melancholischer zu Werke als auf dem Debütalbum. Songs wie den bezaubernd-schwermütigen Opener „Sana Göre Bir Şey Yok“ können sich dementsprechend auch problemlos in der Post-Punk-Schublade einordnen. Das folgende „Şüphe“ stellt sich mit seinem einschmeichelnden Synthiesounds schnell als DAS Highlight des Albums heraus. Daneben gibt es aber noch sehr viele weitere hochklassige Songs, u.a. das stark an OMD erinnernde „Gördüğüm Rüya“, den hymnischen Post-Punk-Hit „Kalbim Köprü Gibi“ sowie auch den Mega-Ohrwurm „Toz“.

Ausfälle sind überhaupt nicht zu vermelden, so dass sich „Hata Payı“ nicht allzu weit entfernt von der Höchstnote bewegt. Lediglich ein wenig abwechslungsreicher hätte das Album ausfallen können – davon abgesehen stimmt hier alles, Hitkandidat reiht sich an Hitkandidat. Aufgeschlossene Hörer, die der türkischen Sprache nicht abgeneigt sind, sollten hier unbedingt zugreifen. Auch wenn sich die 80er Revival-Welle mit den Jahren doch ziemlich abgenutzt hat, so beweist Jakuzis Zweitwerk allemal, dass man in diesem Bereich immer noch neue Highlights abliefern kann.

Wertung: 4,5/5

Erhältlich ab: 05.04.2019
Erhältlich über: City Slang (Rough Trade)

Jakuzi @ Home | @ Facebook
„Hata Payı“ @ Amazon kaufen