Anna Calvi – Hunted

Anna Calvi
(c) Maisie Cousins

Wann ist ein Song eigentlich perfekt? Diese kompositorische Gretchenfrage scheint sich Anna Calvi immer wieder zu stellen. Ihr 2018 veröffentlichtes Album „Hunter“ wurde verdient abgefeiert, aber war es für die Singer/Songwriterin perfekt? Während einer Tourpause hörte sie sich durch die ersten Aufnahmen für besagte Platte, am eigenen Dachboden aufgenommen, meist recht reduziert und minimalistisch. Diese durchaus intimen Momente fängt sie nun mit neuen Bearbeitungen dieser Ur-Versionen ein. Auf „Hunted“ erfährt Calvi zudem prominente Unterstützung.

Die unwahrscheinlich sympathische Courtney Barnett ist beispielsweise mit von der Partie. Sie leiht „Don’t Beat The Girl Out Of My Boy“, einem der schönsten Tracks des Originals, ihre Stimme. Gemeinsam legen die beiden Musikerinnen das Skelett des Tracks offen – ab und an in kurzen Duettpassagen vorgetragen – und legen den Fokus stärker denn je auf die Lyrics. Auf dieser Platte gibt es fast nur Gesang und Gitarre zu hören, was diesem Song übrigens gut bekommt. Ähnliches gilt für „Hunter“, von etwas Donnerhall und einer durchaus Americana-haften Gitarre begleitet. Southern-Gothic-Vibes unterstreichen die düstere Version dieser Episode.

Charlotte Gainsbourg haucht in „Eden“ gar bezaubernd und verleiht dem Track eine experimentelle, beinahe Ambient-artige Note, während Julia Holter abtaucht und „Swimming Pool“ noch mehr Atmosphäre verleiht. „Away“ wirkt über weite Strecken wie ein reines Singer/Songwriter-Stück, auf ein absolutes Minimum reduziert. Zum Schluss wird es laut und kratzbürstig. Die aktuellen Post-Punk-Darlings Idles, vor allem Frontmann Joe Talbot, lassen „Wish“ immer wieder eskalieren, von kleinen Verschnaufpausen begleitet. Und dann flirtet „Indies Or Paradise“ mit Noise, mit Wahnsinn, mit bratenden Gitarren. Es brennt unter den Nägeln.

Ist die erste Verwunderung abgeklungen, entwickelt sich ein packendes Werk. „Hunted“ entpuppt sich dabei als viel mehr als ’nur‘ ein kleines, kurzes Begleitalbum. Die neue, erfrischende Herangehensweise an vertraute Tracks mit allerlei begleitender Prominenz und Besinnung auf das musikalisch Wesentliche weiß zu begeistern. Anna Calvi gräbt sich tiefer und tiefer in den Fundus und legt spannende Herangehensweisen frei, die meist den bekannten Versionen in nichts nachstehen. Chapeau für diese mutige und angenehm andere Präsentation.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 06.03.2020
Erhältlich über: Domino Records (GoodToGo)

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