Everything But The Girl – Fuse

Everything But The Girl
(c) Edward Bishop

Plötzlich wieder da, als wäre nichts gewesen: Im Jahr 2000 verabschiedeten sich Everything But The Girl am Höhepunkt. Tracey Thorn zog sich zunächst ins Private zurück und veröffentlichte ein paar Solowerke, während Ben Watt unter anderem als Produzent, DJ, Remixer und Label-Chef tätig war. Ende vergangenen Jahres kündigte das Ehepaar ein Comeback an. Beide sind mittlerweile 60, scheinen allerdings in einen kreativen Jungbrunnen gefallen zu sein: „Fuse“ verschließt sich keinsfalls vor der Moderne, bemüht sich aber ebenso auf den Sound nach den Remix von „Missing“ zwischen folkiger Indie-Akustik und wuchtiger Elektronik mit Deep-House-Einschlag.

Ein wuchtiger, wummernder Beat tritt das Comeback des Duos los. Es ist „Nothing Left To Lose“, zugleich als erster Vorbote ausgekoppelt und den Sound von Everything But The Girl perfekt einfangend. Dem nach dem Durchbruch stärker aufgekeimten Faible für Elektronik wird hier Rechnung getragen, reduziert und doch intensiv mit (Deep-)House-Schlagseite illustriert, von Thorns nach wie vor einnehmender Stimme gekonnt begleitet. „Caution To The Wind“ gibt sich etwas sanfter und poppiger, geht dennoch herrlich tanzbar nach vorne. Butterweich, soulig, futuristisch und zugleich retro – dieser Spagat gelingt.

Dazwischen lauert mit „Run A Red Light“ eine von mehreren ruhigeren Nummern. Thorn und Watt wollten nicht einfach nur nach vorne ballern, sondern erinnern hiermit oder mit der Piano-Ballade „Interior Space“ ein klein wenig an die nachdenklicheren Anfänge. Gerade der Jazz-Vibe von letzterem Track kommt sehr gut. Und doch rückt die Elektronik immer mehr ins Rampenlicht. „No One Knows We’re Dancing“ schlägt zeitweise die Brücken zwischen beiden Welten. Der Refrain serviert 80s-Dance-Pop mit technoidem Einschlag, rundherum wird es gerne sanftmütig. Das locker gehaltene Beat-Konstrukt von „Forever“ fließt herrlich, geht an die Barrikaden und ruht dennoch in sich.

Waren sie wirklich weg? „Fuse“ wirkt so herrlich logisch und in sich geschlossen, als wären seit der letzten Platte nicht beinahe 24 Jahre vergangen. Everything But The Girl bleiben Meister ihres Fachs, entwickeln ihren Sound weiter und brechen jegliche vermutete Formelhaftigkeit auf. Wummernde und doch smoothe Wellenbrecher, gefühlvolle Einschübe und futuristischer Pop mit Retro-Note – ein wunderbar sinniger Widerspruch – verbreiten Hochstimmung von der ersten bis zur letzten Minute. Das Comeback von Tracey Thorn und Ben Watt ist ein voller Erfolg und hoffentlich der Auftakt für einen erneuten Frühling dieses fantastischen Duos.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 21.04.2023
Erhältlich über: Buzzin‘ Fly Records / Virgin Music (Universal Music)

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