Orchards – Lovecore

Orchards
(c) Jessie Morgan

Sam Rushton und Dan Fane kennen sich schon ewig. Man wuchs zusammen auf und studierte später gemeinsam in Brighton. Innerhalb weniger Wochen lernten die beiden Will Lee-Lewis und Lucy Evers kennen, Orchards waren geboren. Bereits mit ihren ersten Singles und Kleinformaten erregte das britische Quartett ordentlich Aufmerksamkeit. Kunststück, schließlich ist der Mix aus Indie Pop und vertrackt rockenden Math-Gitarren so simpel wie eingängig. Die Songs ihres Debütalbums „Lovecore“ schrieben Orchards nach neunstündigen Arbeitstagen, in Mittagspausen und auf Tour – das Ergebnis purer Liebe zur Musik.

Man versuchte erst gar nicht, großartig am bereits hervorragend ausgebildeten Sound zu schrauben, und besann sich auf das Wesentliche, auf richtig gute Hooks. „Sincerely Overwhelmed“ als Vorboten und Opener vorauszuschicken, war ein kleiner Geniestreich, denn hier harmonisieren die Welten besonders gut. Von der ersten Sekunde an schwingen dezente Math-Untertöne mit, aber eben auch etwas kantigere Gitarren und Lucy Evers‘ butterweicher, durchaus energischer Gesang – etwas Pop-Sensibilität, ein Hauch Tanzbarkeit und ganz viel Indie-Charme. Ähnliches gilt für das bereits vor einem Jahr als Standalone vorausgeschickte „Luv You 2“. Hier wird es in den richtigen Momenten lauter, man kann prima mitsingen, und dennoch schwingt Komplexes mit.

Geschenkt bekommt man hier nichts, bei aller Eingängigkeit muss man sich die Tracks erarbeiten. Gerade das lässt die Platte deutlich langlebiger anmuten. Die treibende Gemächlichkeit – eigentlich ein Widerspruch in sich – von „Stealing Your Sleep“ macht mindestens so viel Laune wie das auf die Tanzfläche schielende „Give Me“ oder das verspielte, sich in mehreren Wellen entladende „Burn Alive“. Das grandiose Spoken-Word-Stück „Social Sobriety“ bricht wunderbar mit dem Geschehen und ist doch so unfassbar wichtig, nur um wenige Sekunden später vom Power-Pop eines „Vacancy“ mehr als radiofreundlich abgelöst zu werden.

Zwischen den Stühlen finden Orchards eine neue musikalische Welt. Math-Elemente, so meint man, sollten eigentlich nicht so kurzweilig und eingängig klingen, und doch passiert auf „Lovecore“ genau das. In elf sympathischen Kapitel flirten die Briten mit unwahrscheinlich charmantem Pop und komplexen Indie-Ausflügen, mit Gitarren-Breitseiten und tanzbarer Sensibilität. Die Schönheit des Moments im Kleinen betrachtet, ein gutes Auge für Details und bezaubernde Hooks ohne Peinlichkeit oder Käsekuchen – ein mehr als tolles Debüt, das sämtliche Versprechen einlöst.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 13.03.2020
Erhältlich über: Big Scary Monsters (Membran)

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