Squid – Cowards

Squid
(c) Harrison Fishman

Es ist das Ergebnis harter Arbeit und zugleich ihr bislang bestes Album: Squid zeigen sich im Vorfeld ihrer dritten Platte euphorisch, und das ist kein Wunder, tragen sie das Material doch schon lange mit sich herum. Im Großen und Ganzen war der Stoff bereits aufgenommen und abgeschlossen, als „O Monolith“ im Sommer 2023 erschienen war. Auf Tour überlegte man sich neue Feinheiten, holte sich allerlei Gäste ins Studio, um neue Instrumente und Ideen zu verwirklichen, und fügte den kniffligen Fleckerlteppich schließlich zusammen. „Cowards“ zeigt eine eingespielte Band, die geradezu blindes musikalisches Verständnis für eine erneute imposante Evolution heranzieht.

Klassische Post-Punk-Hit-Lieferanten waren die Herren aus Brighton so und so nie, doch lehnen sie sich aktuell weiter denn je aus dem Fenster. Das zeigt bereits der eröffnende Vorbote „Crispy Skin“, der sich – wie so viele Songs auf diesem Album – mit Sekten und ‚charismatischen‘ Figuren befasst. Bizarre Synthis und treibende Drums werden minutenlang zum Motor, bevor der Song in sich zusammensackt und einer magischen Zäsur Platz macht. Die gespenstische Stimmung, das Klavier, die gehauchten Worte – ein kleiner Geniestreich, auf den mit „Building 650“ ein psychedelischer Anti-Ohrwurm folgt. In seiner verschrobenen und moralischen Präsentation setzt sich der Song mit dem Werk Ryū Murakamis auseinander, während das Quintett dem musikalischen Erbe von black midi näher rückt.

Ähnlich hibbelig und frontal gibt sich „Showtime!“, ein lässiger Wellenbrecher mit Ansage, der den Geist Andy Warhols anruft und zu tanzbarer Lässigkeit durch funkige Art-Rock-Irren traumwandeln lässt. Vor allem die zweite Hälfte stürzt auf angenehme Weise ab. „Cro-Magnon Man“ überrascht mit Ansätzen einer Gesangsmelodie, von basslastigen Tönen und bedrohlicher Schwere zerlegt. Hingegen geht „Blood On The Boulders“ nach einem psychedelisch-verwaschenen Auftakt kompromisslos nach vorne, spielt sich in einen wahren Rausch und eskaliert schließlich mit Wonne. Und dann ist da noch das achtminütige Finale „Well Met (Fingers Through The Fence)“ mit einem virtuellen Cembalo, mit einem Sog der Gemächlichkeit, mit Herz und Schmerz.

So viel haben Squid bislang weder sich selbst noch dem Publikum abverlangt, und es waren bereits die beiden Vorgänger von großem Anspruch durchzogen. Tatsächlich erreicht „Cowards“ ein neues Level hinsichtlich Songwriting, Arrangierung und stilistischer Pluralität, drängt gefühlt gleichzeitig in verschiedenste Himmelsrichtungen und lässt eben jenes blindes musikalisches Verständnis, das die Band im Vorfeld angesprochen hatte, deutlichst durchscheinen. Musikalität und Komplexität ringen um die Vorherrschaft, ohne klares Ergebnis. Auf jeden Fall verlangt dieser Longplayer mehr ab denn je, ein regelrechtes Investment an Zeit und Nerven. Das Risiko geht auf und lässt den nächsten großen Kunstgriff schon jetzt mit Spannung erwarten. Squid bleiben sich selbst und ihrer Zeit drei Schritte voraus.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 07.02.2025
Erhältlich über: Warp Records (Rough Trade)

Website: squidband.uk
Facebook: www.facebook.com/squiduk