Metz – Atlas Vending
Zeiten wie diese scheinen Metz auf den Leib geschneidert zu sein. Krachende, treibende und unorthodoxe Songs, bohrende Finger in tiefen Wunden und pointierte Texte über Isolation, medial herbeigeführte Paranoia sowie soziale Phobie passen perfekt zur beklemmenden Gegenwart. Tatsächlich zieht das Trio aus Toronto aber einfach nur konsequent seinen Stiefel durch und packt eine weitere Platte zwischen Noise, Punk und Garage aus. „Atlas Vending“ schlägt wild um sich und verbreitet kultivierte Rastlosigkeit.
Ein Track wie „Hail Taxi“ zeigt eindrucksvoll, wo der Hase hängt. Oder wie der Hammer läuft. Der laute, aufbrausende Einstieg überschlägt sich selbst, packt richtig schön hässliche Strophen aus, nur um aus dem Nirgendwo so etwas wie betörende Melodik aus dem Hut zu zaubern. Natürlich bleibt das Korsett unbequem und noisig, stets der kompletten Selbstzerfleischung nahe. Die beherrschen Metz so und so hervorragend. „Framed By The Comet’s Tail“ beschwört Schleifen der Endlosigkeit und verharrt in einem lautmalerischen, ominösen Schwebezustand. Wiederholte Distortion-Attacken rennen erfolglos an, messerscharfes Riffing und heulende Vocals rasseln mit dem Ketten. Erst in den letzten Sekunden übernimmt angedeutetes Chaos die Oberhand, ein Hauch von Post Punk weht durch die Luft.
Wütend stampft „Blind Youth Industrial Park“ auf, von im besten Sinne abgefuckten Gitarren begleitet. Metz arbeiten mit den Vorzügen übersteuerter Lautstärke und überfordern erst einmal. Die schiere Wucht dieses Dreiminüters, die schroffe und frontale Präsentation, die plötzlichen Harmonien aus dem Nichts, dann wieder zurück zum Garage-Punk-Stomper – bitte was? Ein paar Türen weiter wird „No Ceiling“ so eingängig wie nie. Keine 100 Sekunden dauert diese Punk-Granate, packt dicke Melodien aus und stapelt mörderisch mitsingbare Spuren aufeinander. Der Zusammenbruch kommt gleich doppelt wuchtig. Das krasse Gegenteil wartet am Ende des Albums: „A Boat To Drown In“ sprengt die Sieben-Minuten-Marke mit Leichtigkeit und gibt sich einem Wechselspiel der Emotionen hin. Atemberaubende Höhen, abgewrackte Abgründe und sogar blubbernde Effektgeräte kleiden eine packende Gesangsmelodie in einen höllischen Husarenritt.
Und so ebben die Druckwellen der eierlegenden Wollmilchsau schließlich doch ab. Irgendwann sackt „Atlas Vending“ in sich zusammen nach 40 rastlosen, in den richtigen Momenten eingängigen und doch stets kompromisslosen Minuten. Eigentlich ist alles wie gehabt, bloß noch eine Spur kaputter und überzeichneter, ohne dabei das stets unterschwellig präsente Streben nach Harmonie und Hoffnung ad acta zu legen. Metz bleiben im besten Sinne durchgeknallt und liefern den in vielerlei Hinsicht bewegenden Soundtrack für in ebenso vielerlei Hinsicht bewegende Zeiten.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 09.10.2020
Erhältlich über: Sub Pop Records (Cargo Records)
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