The Dirty Nil – Fuck Art

The Dirty Nil
(c) Sam Tomlinson

Ein Stück Alltag war wohl selten so wichtig und willkommen wie jetzt. Während andere über ein grausames Jahr schreiben, kümmern sich The Dirty Nil um das Drumherum, um Beziehungen, das Älterwerden und typische Ärgernisse, die das Leben so mit sich bringt. Zwischen hektischen Aufnahmen, letzten Flügen nachhause und Quarantäne-Sessions sowie steten Desinfektionen und digitalem Spurenversand entstand ein Rockalbum als Ausflucht aus dem Alltag. „Fuck Art“ eröffnet das Jahr mit einem Donnerhall.

Auf Vorhersehbarkeit und Konventionen hat die Band so und so keinen Bock. Ein wütendes Thrash-Feuerwerk eröffnet „Doom Boy“ und schlägt sofort in eine mächtige, energische Power-Pop-Hymne um – gewisse Vergleiche mit Sum 41 drängen sich auf. „Elvis ’77“ verneigt sich ein klein wenig vor Cheap Trick und schraubt den Power-Faktor noch weiter in die Höhe, während das sarkastische, bitterböse „To The Guy Who Stole My Bike“ in aller Schwere durch zunehmend noisigen Alternative Rock marschiert. Luke Benthams gewiss total aufrichtige Hoffnung, die Bremsen mögen ja nicht versagen, hat Stil.

„Fuck Art“ ist pickepackevoll mit Überraschungen und bärenstarken Tracks. „Ride Or Die“ ist ein kantiges Liebeslied im Stil von Motörhead, und damit sollte bereits alles gesagt sein – frontal, schroff und doch irgendwie grundsympathisch, eingängig. Zu den verqueren Grunge-Gitarren von „One More And The Bill“ kann man herrlich mitgrölen, was gewissermaßen zur Saufstimmung passt. Im Gegensatz dazu wirkt das zurückgelehnte „Damage Control“ sonnig und vertraut, nur um nach knapp zwei Minuten eine weitere metallische Abzweigung zu nehmen und sich in eine Art Rausch zu brüllen.

35 verrückte, erfrischende Minuten später haben The Dirty Nil ein fettes Lächeln auf die Lippen gezaubert. Die Kanadier spielen einfach drauflos, schreiben kunterbunte Songs und scheren sich nicht, wohin die Reise geht. Entsprechend schlägt „Fuck Art“ in noch mehr Richtungen aus, wirkt deutlich härter, eingängiger, schwerfälliger und dynamischer als die ohnehin bereits sehr unterhaltsamen Vorgänger. Die Kanadier läuten das neue Jahr mit ganz viel Liebe, Attitüde und einem verstohlenen Mittelfinger ein – eben ein richtig gutes Rockalbum.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 01.01.2021
Erhältlich über: Dine Alone Records (Membran)

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