Weite – Oase

Weite
(c) Maren Michaelis

Von einer One-Off-Recording-Session zur Band, dann zum erweiterten Line-up mit einer nun zweiten Platte: Weite entstanden eher zufällig und blieben zusammen. Die in Berlin ansässige Formation um Musiker von Elder, delving und Lawns, seit diesem Jahr durch Keyboarder Fabien de Menou (Perilymph) ergänzt, versteht sich auf rein instrumentale Klanglandschaften mit Prog- und Psych-Fokus, aber auch mit einer feinen Portion Krautrock obendrauf. Mit ihrer neuen Platte wollten sie gleichzeitig längere, ausführlichere Arrangements basteln, aber auch melodischer und songdienlicher zu Werke gehen. „Oase“ kann diese gerne mal recht unterschiedlichen Ansprüche unter einen Hut bringen.

„Versteinert“ ist hieran herzlich wenig, der Titel des Openers erwischt beinahe am falschen Fuß. Von Anfang an verzaubern warme, wohlige Gitarrentöne, spielen mit einem Hauch von Romantik und lassen den Song erst einmal kommen, sanft wachsen. Dieses Rezept geht auf, denn gerade Richtung Halbzeit schillert das Ding in gefühlt sämtlichen Farben des Regenbogens, forsch und doch voller Kraft. Hingegen wirkt „Time Will Paint Another Picture“ geradezu vergnügt und idyllisch, malt lebendige bis naive Landschaftsgemälde mit einem feinen Pinsel. Zwischenzeitlich nimmt der Track sogar etwas Fahrt auf.

Wer hingegen die etwas härteren Weite schätzt, wird in „Eigengrau“ fündig. Gut, eine reine Auseinandersetzung mit Grautönen klingt gewiss anders, doch brennen sich die schier endlosen Schleifen, die wütende Distortion und die in Aufbruchstimmung befindlichen Math-Psych-Melodien binnen Sekunden ein. Eine wunderbare Reise unternimmt „Roter Traum“, das sich vorsichtig, nahezu zart vorantastet und erst einmal nach einem nicht näher benannten Sinn sucht. Wiederholtes Aufbranden, eine singende Gitarre und das hervorragende Zusammenspiel zwischen gerne mal energischer Rhythmusabteilung und butterweichen Keys stiften pure Begeisterung.

Eine gekonnte Erweiterung der eigenen Klangpalette später ist alles eitel. „Assemblage“ wirkt immer noch zum Greifen nahe, und doch vermeiden es Weite tunlichst, auf ihrem zweiten Album nach Schema F vorzugehen. Statt Wiederholungen setzt es mehr Melodik und Keyboard-Einsatz, gekonnt mit Erforschungen des eigenen musikalischen Horizonts versehen. Das Quintett versucht einiges, schraubt die Kraut-Anteile etwas zurück und findet im Chamber-Prog neue Erfüllung. Einmal mehr ist es die Summe der einzelnen Teile und kreativen Einflüsse, die Weite über jeden Zweifel erhaben macht, weitere Überraschungen mit Sicherheit nicht ausgeschlossen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 22.11.2024
Erhältlich über: Stickman Records (Soulfood Music)

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