Manchester Orchestra – The Million Masks Of God

Manchester Orchestra
(c) Shervin Lainez

Bei Manchester Orchestra lag etwas in der Luft, das zeigten unter anderem Andy Hulls Gastauftritte bei diversen von Bands und Musikern in den vergangenen Monaten. Tatsächlich ist die Hauptband wieder da mit dem ersten Album seit vergleichsweise langen vier Jahren. Hull und Co-Songwriter Robert McDowell verarbeiten ein einschneidendes Erlebnis, begleitet von tiefer Trauer und der Erkenntnis, das man sich mit dieser intensiv und konzentriert auseinandersetzen müsse, um wieder nach vorne blicken zu können. „The Millions Masks Of God“ zeigt das Indie-Orchester so druckvoll und feinsinnig wie schon lange nicht mehr.

Einer der besten neuen Songs sollte bereits hinlänglich bekannt sein: „Bed Head“ bringt Indie, Pop und Electro auf vier Minuten zusammen, getragen von Hulls ausdrucksstarker und herrlich eigenwilliger Stimme. Im Refrain klingen Manchester Orchestra gleichzeitig nach Glum-Pop und Americana. Wie das funktioniert, bleibt ein Rätsel, doch gerade in Verbindung mit dem schroffen Rahmen brennt sich der Song ein. Dieses unorthodoxe Pendeln zwischen musikalischen Welten taucht übrigens immer wieder auf. So könnte „Let It Storm“ von Jónsi stammen, bringt dann etwas 80s-Aufbruchsstimmung ein und schlägt schließlich dicke Wellen. Weil Wave. Wortspiele müssen nicht zwangsläufig gut sein.

Ruhig fängt es an, mit Fanfaren und hymnischem Momentum. „Inaudible“ nennt sich der Opener und bündelt die stimmliche Power Hulls zu einer himmlischen Offenbarung mit Tiefgang und massiv aufwühlender Einwirkung. Im Gegensatz dazu wirkt „Annie“ vergnüglich und federleicht, erinnert ein wenig an Travis, während die schiere Wucht von „Keel Timing“ in Verbindung mit dessen nicht von der Hand zu weisender Eingängigkeit beste Laune verbreitet. Auch hier sorgen elektronische Elemente und Claps für den nötigen Elan. „Way Back“ und „Dinosaur“ bemühen sich hingegen um Reduktion, um Nachdenklichkeit und Introvertiertheit. Trauerbewältigung ist und bleibt ein Weg mit fernem Ziel.

Doch letztlich finden Manchester Orchestra ihr Ziel, und es ist wunderschön, geradezu magisch. Die kunstvolle Wechselhaftigkeit von „The Million Masks Of God“ wirft das alte Art-Präfix in den Ring und hat Spaß an der Suche nach großen Momenten mit insgesamt mehr Synthetik. Dass es sich hierbei dennoch nicht um eine reine Aufnahme von Momenten (da sind sie wieder, die furchtbaren Wortspiele) handelt, sondern um eine Sammlung bewegender, durchschlagender, emotional aufgeladener Songs, spricht für das Duo, aber auch für die ganze Band. Manchester Orchestra gehen unter die Haut und in die Beine mit einem weiteren richtig guten Album.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 30.04.2021
Erhältlich über: Loma Vista Recordings / Spinefarm Records (Universal Music)

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