Morcheeba – Blackest Blue

Morcheeba
(c) Morcheeba

Ein komplettes Jahr ohne Tour, das erlebte Ross Godfrey zuletzt in seiner Jugend. Der Klangschmied von Morcheeba musste sich ebenso wie Sängerin Skye Edwards etwas umstellen, und doch kam diese Live-Pause dem Duo zugute. Tatsächlich konnte man sich Zeit nehmen, um die zehn neuen Songs so richtig wachsen und gedeihen lassen. Auf ihrem zehnten Studioalbum „Blackest Blue“ zeigen sich Morcheeba vielfältiger und abwechslungsreicher denn je, eine Art Bestandsaufnahme mit einer kräftigen Portion Selbstreflexion und erfrischender Verachtung für Scheuklappen.

Dabei könnte der Opener „Cut My Heart Out“ wohl kaum typischer für Morcheeba sein. Hier dreht sich alles um Deepness, um vertraute TripHop-Sounds und ein wenig Soul. Edwards singt wie von einem anderen Stern, schwebt beinahe jazzig über dem Arrangement und findet im Nu zu einem leichten und doch eindringlichen Refrain. Mit fortlaufender Spieldauer kehren dezent frühlingshafte Vibes ein. Hingegen ist „Say It’s Over“ mit Brad Barr (The Slip, The Barr Brothers) eine lupenreine Ballade mit Folk- und Pop-Charakter geworden. Das wirkt auf den ersten Blick seltsam, bewegt dennoch auf gewohnte Weise.

Barr ist nicht der einzige Gast auf dieser Platte. Im abschließenden „The Edge Of The World“ taucht Duke Garwood auf und klingt, als wäre er für den Morcheeba-Sound gemacht. Soul und TripHop treffen auf Sperrigkeit und Pop-Appeal, der Outlaw schäkert mit imaginären In-Laws. Und dann taucht wieder einer dieser federleichten Refrains auf. Ein „Oh Oh Yeah“ könnte man alleine aufgrund des Titels in die Belanglosigkeit verbannen, doch liefert das Duo über knapp sieben (!) Minuten gar himmlische Chill- und Downbeat-Sounds. Wieder eine Tür weiter spielt „Sounds Of Blue“ mit bekömmlichem Electro-Pop und gibt sich in „The Moon“ gleichermaßen organisch wie flippig.

Morcheeba wirken frischer und spielfreudiger denn je, das ist tatsächlich eine positive Überraschung. Nein, die letzten Alben waren alles andere als schlecht, klangen aber keinesfalls so vielfältig wie „Blackest Blue“. Zwar bleibt das Deepness-Fundament von Gevatter TripHop erhalten, doch stapeln Edwards und Godfrey ordentlich kleine und große Überraschung darauf. Der Chill-Faktor wächst, man erinnert an die Eingängigkeit rund um den Jahrtausendwechsel und findet sogar Platz für prominente Gäste, die gerne experimentieren. Auch nach mehr als einem Vierteljahrhundert bleiben Morcheeba eine Institution, die sich keinesfalls auf ihren Lorbeeren ausruhen will.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 14.05.2021
Erhältlich über: Fly Agaric Records (Indigo)

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