Die Arbeit – Wandel
Das „Material“ ist durchgekaut, nun wäre Zeit für Veränderung: Mit ihrem Wave-lastigen Post-Punk-Debüt gelang Die Arbeit vor zwei Jahren ein Volltreffer. Nachdem die erhoffte Tour jedoch ein zweites Mal verschoben werden musste, ging es zurück ans zerlegte Reißbrett. Es gab noch ein paar Skizzen vom Erstling, neues Material entstand ebenfalls schnell. Anfang 2021 geschrieben und im Oktober bei David Furrer, der den Einstand abgemischt hatte, in Wien aufgenommen, geht „Wandel“ den Weg selbstbewusst, dringlich und doch fragend weiter.
„Wandel“ ist für Die Arbeit der Schritt aus der Isolation, ohne großen Plan oder Konzept eingespielt, als Ausweg aus dem Dämmerzustand des Dauerlimbo. Der Titelsong vermittelt Aufbruchsstimmung, will sich aber keinesfalls vom musikalischen Status Quo verabschieden. Von der treibenden, forschen Rhythmusabteilung über die stoisch angeschlagene Gitarre bis zum forschen Gesang treibt das Quartett die Strophen vor sich hin, nur um aus dem Nichts zu verdichten und Sinn zu stiften. Wenn ein „Kaugummi im Haar“ klebt, dann deuten Die Arbeit dies zum Wave-Pop-Gegenentwurf ein, betont eingängig und auf erfrischende Weise mitreißend.
Und dann lassen sie sich einfach fallen, tief in warmherzige und doch pulsierende Arrangements. „Wir wissen nichts“ täuscht große Fragezeichen vor und mutiert zum lässigen, fast schon krautigen Post-Bop mit verwaschener Romantisierung. Davon hat „Freier Fall“ auch genug an Bord, bringt etwas Abgründigkeit in den Mix und steht sich damit selbst im Weg, falsches Ende inklusive. Diese bewusste Selbst-Blockade wirft allerdings spannendes Kopfkino ab, fällt leicht aus dem Rahmen und unterhält gerade deswegen. Falls es doch konventioneller vor sich gehen muss, reißt der hektische Exkurs „Im Tunnel“ mit wachsender Begeisterung und überraschendem Hit-Faktor mit.
Der besagte „Wandel“ mag sich eher im Kleinen abspielen, doch soll das zur keiner Zeit stören. Mehr noch bestätigten Die Arbeit ihr aufregendes erstes Album mit einem ähnlich intensiven Nachfolger, der geschickt mit dem Post-Punk-Begriff spielt und diesen zugleich wertvoll erweitert. Wunderbare Songs, aufregende Collagen, drastische Frontalexkurse und greifbare Leidenschaft in Wave- bis Kraut-Gefilden bekommen dem Quartett hervorragend. Der erwartete – und erhoffte – Schritt gelingt; dieses Mal hoffentlich auch mit einer entsprechenden Tour.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 08.04.2022
Erhältlich über: Undressed Records (Edel)
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