Infant Finches – Sci-Fi Immune

Infant Finches
(c) Paloma García de Juan

Ist das eine Live-Band oder wurde das Material kräft bearbeitet? Exakt diesen Effekt wollen Infant Finches mit ihrer Musik erzeugen. Das Duo Jan Philipp und Frederik Bruun machte mit seinen ersten beiden EPs bereits von sich reden – eine spannende Angelegenheit zwischen den Stühlen, die gerne mal im besten Sinne an alt-J erinnern kann und sich doch sympathisch von den britischen Kollegen abhebt. Die stete Suche nach der cleversten Wendung, ohne sich dabei bewusst zu verrennen, zeichnet auch das erste Album „Sci-Fi Immune“ aus – eine im besten Sinne experimentelle und doch so wunderbar organische Platte.

Die wertige Lässigkeit des Seins entblättert sich auf Raten. „Sci-Fi Immune“, der Titelsong, eröffnet den legeren Reigen mit viel Leeraum, mit zartem Anrollen und kurzer, scharfer Intensivierung des Geschehens, die an poppigere Battles erinnert. Im Wechselspiel vermeintlicher Extreme bäumt sich klangliche Magie auf, die dennoch von steter Distanz geprägt ist – etwas vorsichtig und doch im richtigen Moment wunderbar aufbrausend. Das kann man von „Accents For Adam“ nun wirklich nicht behaupten. Zwar schwingen hier sympathische Math-Gitarren mit, doch wirkt das Spiel mit zackigen, zurückgelehnten und verwaschenen Passagen erfrischend, wie von einem anderen Stern, und doch so direkt.

Stete Widersprüche gehören bei Infant Finches dazu, und „See You (As A Dot In A Play)“ bildet da keine Ausnahme. Die Strophen wirken dynamisch und doch statisch, während die Art-Explosivität des Refrains (? – Fragezeichen sind auf dieser Platte wichtig) von den Hockern reißt. Während das Duo noch Rätsel aufgibt, ist „Over Peculiar“ bereits ein paar Türen weiter mit vergleichsweise kompakter Struktur, sympathischer Direktheit und einem Hauch Funk-Gefühl – eine kantige Antwort auf den Specialist-Pop von Everything Everything. Der butterweiche, in den richtigen Momenten treibende Abgang von „Phoenix“ breitet Wohlfühl-Schwingen aus und trägt in verwunschene wie genüssliche Welten – ein perfekter Schlusspunkt.

Ja, „Sci-Fi Immune“ lässt etwas sehr verwirrt zurück, doch ist gerade das die Stärke dieser Platte. Stetig passiert irgendetwas, selbst in den vermeintlichen Pausen, befinden sich die Arrangements in energischer Bewegung – mal donnernd, dann auf gefühlt atomarer Ebene. Infant Finches können und wollen nicht stillsitzen, befinden sich immer in musikalischer Bewegung. Ob das nun Bandsound, Entfremdung oder eine Mischung ist, lässt nicht so leicht beantworten, ist letztlich auch egal: Alleine schon die unzähligen Details machen diesen Einstand zum Leckerbissen. Hier gibt es bei jedem Durchlauf etwas zu entdecken, und selbst in den komplexesten Momenten gehen die elf Songs ins Ohr. Infant Finches legen gekonnt vor.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 03.06.2022
Erhältlich über: Papercup Records (Rough Trade)

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