Diplomatics – Is It Time To Fly?

Diplomatics
(c) Matteo Leonardi / LNRMTT – photography

Veränderung ohne Verbiegen: Diplomatics gaben ein klares Ziel für ihr drittes Album vor. Natürlich wirkte sich die Pandemie auf den Sound der Italiener aus und machte diesen eine Spur düsterer, zugleich präsentiert sich das Sextett aber deutlich wilder und ausgelassener. Auf „Is It Time To Fly?“ stürzen sie sich kopfüber in die angepunkte Garage und drehen alle Regler auf die Elf. Das Ergebnis fällt um Welten druckvoller und frontaler aus, ohne dabei jedoch auf gewisse rockige Feinheiten zu vergessen.

Das eröffnende „Jungle“ gibt im wahrsten Sinne des Wortes das Tempo vor. Das dezente Samba-Flair mit zusätzlicher Percussion unterhält, Gitarre und Gesang erinnern hingegen an Post Punk aus der Garage Marke Viagra Boys. Tanzbare Monotonie trifft auf verschwitzte Druckwellen, der Chorus entlädt sich mit furioser Energie. Im anschließenden „Irish Whiskey“ drehen Diplomatics durch, nehmen sich zurück, rocken beißend und lassen zugleich eine gewisse Melancholie durchscheinen. Die kommt zwar nur zwischen den Zeilen durch, lässt sich aber kaum überhören – ein Leckerbissen der anderen Art.

Mehr davon gibt es in „Dancing All Alone“, das ebenfalls etwas langsamer und zugleich länger ausfällt. Eine recht prominente Mundharmonika, dezenter Sleaze im Abgang, dicke Riffs und sogar ein Saxofon kleiden die wilde Collage aus, die etwas wie Turbonegro für Fortgeschrittene klingt. Dazwischen drücken die Italiener schon mal das Gaspedal durch, wie in der ersten Single „Go High“, die sich ebenfalls über eine Harmonika in den Track hangelt. Der leicht ranzige Garagen-Punk mit ordentlich Dreck kommt gut, ebenso das beißende, beklemmende „You Are Nothing“ samt Geschwindigkeitsrausch und Sprechgesang.

Nach nur 26 Minuten ist dieses Happening letztlich viel zu schnell vorüber, hallt aber noch lange nach. Tatsächlich gehen Diplomatics einen gelungenen Schritt nach vorne, ohne sich dabei zu verlaufen. Ihr Drang nach Punk und Garage bleibt erhalten, trifft nun aber einerseits auf Post und Wave, während auf der anderen Seite mehr Düsternis und Experimentierfreudigkeit mitschwingen. „Is It Time To Fly?“ ist eine kleine Partyplatte mit fiesen Widerhäkchen geworden, die nicht mehr so schnell aus dem Ohr geht.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 16.12.2022
Erhältlich über: Go Down Records

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