The Japanese House – In The End It Always Does
Ende 2021 erfuhr Amber Bain einen kreativen Schub und widmete sich mit Rückenwind einem zweiten Album als The Japanese House. Dieses entstand in Zeiten des privaten Umbruchs, von einem Umzug und einer polyamorösen Beziehung, die zunächst zum Zweiter-Paar schrumpfte und Bain in eine neue häusliche Situation zwang, bevor schließlich auch dieser Nukleus Vergangenheit war, angetrieben. Gemeinsam mit so illustren Künstlern wie Matt Healy und George Daniel (The 1975), Katie Gavin (MUNA) und Justin Vernon (Bon Iver) entstand das noch eine Spur poppigere „In The End It Always Does“.
Zwölf reduzierte, gerne mal verträumte Kapitel mit Indie-, Dream- und Chamber-Note sorgen für frischen Wind. „Spot Dog“ eröffnet mit einer Neuinterpretation der Melodie aus „101 Dalmatiner“ – ein Querverweis auf die gescheiterte Beziehung – und spinnt daraus spannende, komplexe Fäden, die gefühlt in verschiedenste Richtungen gleichzeitig verlaufen. Speziell der kurze beateske Einschub sorgt für Spannung. Hingegen trägt „Indexical Reminder Of A Morning Well Spent“ die ernüchternde Eigenwilligkeit des Seins bereits im Titel. Dass sich dahinter letztlich eine leger fließende, entspannte und selbst in nachdenklichen Momenten freundliche Nummer verbirgt, passt irgendwie ins Bild.
Die absolute Reduktion und Fragilität des finalen „One For Sorrow, Two For Joni Jones“ wird nicht zuletzt zum Vehikel für Bains starke Stimme, die stets über dem emotionalen Piano-Arrangement steht, und die Mördergrube sukzessive zum Herz verklärt. Oder umgekehrt, beides funktioniert prima. Die bittere Süße der Trennungsnummer „Over There“ will ebenso wenig außer Acht gelassen werden. Stimmliche Pluralität schleicht erhobenen Hauptes durch die Enttäuschung und den Neuanfang. In „Sunshine Baby“ wird es stellenweise direkt beschwingt, wenn The Japanese House mit deutlich mehr Instrumenten arbeitet. Der Band-artige Ansatz schafft eine der schönsten Indie-Pop-Nummern des Albums.
Etwas mehr Pop, deutlich mehr Fragilität, zudem spannende Vielschichtigkeit mit ergreifendem Ergebnis: Das ‚Rezept‘ hinter „In The End It Always Does“ geht voll auf. Amber Bain gestaltet ihre Musik auf andere Weise persönlicher und zugleich intensiver, denkt The Japanese House etwas weiter und landet mit Geschichten aus ihrem Leben einen Volltreffer. Zwar möchte man ihr eine ruhigere Zeit mit weniger Aufregung und Beziehungschaos wünschen, doch weiß das Endprodukt zugleich zu begeistern. Dem Bann dieser Aufnahme kann und will man sich so und so nicht entziehen – was für ein packendes, faszinierendes Happening.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 30.06.2023
Erhältlich über: Dirty Hit / Virgin Music
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