Heavy Lungs – All Gas No Brakes

Heavy Lungs
(c) Josh Collings

Wer immer schon wissen wollte, wer dieser von Idles besungene Danny Nedelko ist, sollte nun die Lauscher aufsperren. Es handelt sich dabei um den in der Ukraine geborenen Frontmann von Heavy Lungs, die nach mehreren EPs nun mit ihrem ersten Album zum Landeanflug ansetzen. Dass das Quartett aus Bristol aus einer ähnlichen Szene wie die großen Kollegen kommt, wird schnell deutlich. Ihr Post Punk trifft allerdings auf grummeligen Noise Rock, der sich betont schroff und ungemütlich gibt. „All Gas No Brakes“ verdeutlicht diesen Eindruck mit lautstarker, wachsender Begeisterung.

Die Single „Head Tilter“ bringt die halsbrecherische Intensität des Quartetts auf den zunehmend eskalierenden Punkt. Eine nölende, gekonnt verzerrte Gitarre, Nedelkos raue, angepisste Stimme, die nahezu gleichförmig marschierende Rhythmusabteilung, Noise und Punk und Post im großen Mixer, bei aller Wut doch fast schon Zen – das unterhält. Im Vergleich dazu gestaltet sich der Titelsong nahezu radiofreundlich, nimmt einen klassischen Post-Punk-Bounce mit und entfremdet diesen auf Raten. Kleinere, ruppige Details und ein chaotisches, sich selbst überschlagendes Finale thronen über einem meditativen Wave-Tänzer.

Wieder ein paar Türen weiter klingt „Sometimes People Just Explode“ in etwa so, wie es der Titel verspricht. Maschinelle Rhythmik driftet schrittweise in die Midtempo-Übersteuerung ab, baut noisige Gitarrenwände ab und zündet letztlich ein kleines Feuerwerk. „Rock, Paper, Scissors“ gibt sich hingegen wunderbar wild, spielt mit Distortion und findet kurioserweise ein Riff, das an den hibbeligen Garage Rock von The Hives erinnert, bloß betont eigenwillig und scharfkantig serviert, bevor das Ding in einen überdimensionalen Abgrund purzelt. Und dann ist da noch der Gummitwist des eröffnenden „Matryoshka“, stets dem herben Nackenschlag nah und doch fast in sich ruhend.

Was Heavy Lungs auf ihrem ersten Album abziehen, verwirrt, verstört und fasziniert zugleich. Natürlich fühlt man sich gelegentlich an Kollegen aus der Szene erinnert, das lässt sich kaum vermeiden, doch finden die Herren aus Bristol ihren ureigenen Ansatz, der eine ganze Portion lauter, noisiger, ungeschliffener rüberkommt. Und doch hat „All Gas No Brakes“ seine drückenden, alles umarmenden Post-Punk-Mini-Hits, von Nedelko wunderbar gebrummelt und zerstückelt. Heavy Lungs bestätigen die starke Form ihrer ersten EPs mit einem herrlich ruppigen Dampfhammer, der das Herz am richtigen Fleck hat.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 29.09.2023
Erhältlich über: Alcopop! Records

Website: www.heavylungsband.com
Facebook: www.facebook.com/heavylungsband