Heavy Lungs – Caviar

Heavy Lungs
(c) FatCat Records

Sie kommen aus Bristol in Großbritannien, der ‚glorreichen Hauptstadt der Welt‘, und streben nach Ruhm und Reichtum: Heavy Lungs lieben das überlebensgroße Augenzwinkern und mischen immer noch Bühnen aller Größenordnungen auf. Der Mix aus Post Punk und Noise Rock, der mehrere EPs sowie das abgedrehte erste Album „All Gas No Brakes“ (nomen est omen) ausstattete, wird weiterhin mit wachsender Begeisterung kultiviert. Ihre zweite Platte spielten sie komplett live ein, um das Happening ihrer atemlosen Bühnenshows einzufangen. Entsprechend wild, durchgeknallt, ja sogar unvorhersehbar gibt sich „Caviar“.

Sandwich oder Haubenküche? Diese Frage beantwortet „Yes Chef“ nicht, dafür fährt der von ‚The Bear‘ inspirierte Track wie ein Derwisch aus den Boxen. Vom maschinengewehrartigen Intro über die Explosion in media res bis hin zum regelrecht ausgespuckten Songtitel – 112 wahnwitzige Sekunden mit derber Noise-Schlagseite, die sämtliche Qualitäten von Heavy Lungs unterstreichen. Im Vergleich dazu wirkt das folgende „Cushion The Blow“ fast schon nett, tut aber keinesfalls das, was der Titel suggeriert. Die lärmende, angepunkte Dampfwalze, von Danny Nedelkos gewohnt wütenden, kantigen Vocals angetrieben, überrollt wieder und wieder, kleine instrumentale Breaks inklusive.

Wer dieser „Mr. Famous“ ist, bleibt offen, doch tut diese kleine Entschleunigung dem Quartett recht gut. Kaputte Dissonanzen und schroffes Störfeuer harmonieren prima mit Garage Rock-artigen Klängen, der nächste Absturz naht. Auch „Into The Fire“ wandelt bevorzugt auf einem möglichst schmalen Grat und bereitet sich auf den Aufprall vor. Der grantige, unterkühlte Noise-Rocker ist in seiner Finsternis mit 90s-Flair eine kleine, aber willkommene Neuerung. Und doch sind es weiterhin die direkten Treffer, mit denen Heavy Lungs besonders abliefern. „Call It In“ ist wütend und furios, bevor das Ende abdriftet, während die überhastete Urgewalt von „Get Out“ sämtliche Sinne torpediert.

In einer halben Stunde stellen Heavy Lungs einmal mehr alles auf den Kopf und haben hörbaren Spaß daran. „Caviar“ wirkt sogar noch abgedrehter als der Vorgänger, noch direkter und roher, zeigt zugleich spannende frische Ideen. Mehr Punk und mehr Noise kommen hinzu und machen die elf Tracks deutlich unberechenbarer, vom spontan anmutenden Live-Sound ganz zu schweigen. Nedelko und Kollegen toben sich gar zerstörungswütig ab, praktizieren den Abriss mit Begeisterung und reiben Salz in offene Wunden. Heavy Lungs drehen am Rad und erklären die Eskalation zur Kunstform – ein wildes, schwer greifbares und doch immer aufregendes zweites Album ist das unterhaltsame Ergebnis.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 18.04.2025
Erhältlich über: FatCat Records / PIAS (Rough Trade)

Website: www.heavylungsband.com
Facebook: www.facebook.com/heavylungsband