Spunsugar – A Hole Forever

Spunsugar
(c) Daniel Möller

Wäre man zynisch veranlagt, man würde die Präzision, mit welcher Spunsugar sich diversen aktuellen Alternative-Trends widmen, genüsslich sezieren. Klar, Post Punk ist eh seit gefühlt ewig wieder en vogue, Shoegaze kam in den letzten Jahren wieder hinzu. Gepaart mit beklemmender Düsternis und poppiger bis elektronischer Süße, entsteht ein drückender und doch zurückgelehnter Sound, der abstößt und sich himmlisch anschwiegt. All das und noch viel mehr packen die Schweden auf „A Hole Forever“, das jedoch – und das wird sehr, sehr schnell deutlich – mit Trendreiterei herzlich wenig am Hut hat und eine angenehm eigene Handschrift trägt.

Das Herzstück des Albums, „It Never Gave Me Anything“, bringt den spannenden Spagat diverser Genres und Gemützustände prima auf den Punkt. In mehr als fünf Minuten breiten Spunsugar ihre unheilvollen Schwingen aus, die zwischenzeitlich erstaunlich laut bis noisig ausfallen, Distortion neben zaghafte Vocals stellen. Kaskadenartige Entladungen, einfühlsame Zäsuren und massig Zwischentöne finden zusammen zu einem echten Mammut. Im Vergleich fällt das abschließende „Taxidermy“ lieblich aus, bemüht federleichten Pop-Singsang, während sich die Wolken in der tanzbaren und doch rockigen zweiten Hälfte etwas verdichten.

„San Jose“ suhlt sich hingegen gekonnt in Post-Gaze-Weisheiten und macht damit alles richtig. Zwei Stimmen, unterkühlter Charme und ein Ohrwurm – auch das stimmt eigentlich nicht zusammen, macht aber mindestens so viel Laune wie der Synthie-Teppich von „White Sneakers“, das sich bei aller 80s-Melodik eine gewisse Abgründigkeit bewahren konnte. Der absolute Absturz wirkt näher denn je, und die Schweden haben ihre helle Freude daran. In „Flaws“ kollidieren verschiedene Stimmungen, von verträumter Gaze-Synthetik hin zu beklemmender Eindringlichkeit. Blei kann doch schweben, und zwar gar eindrucksvoll.

Das Spiel mit Stimmungen und Widersprüchen bekommt Spunsugar sehr, sehr gut. Jedes Netz weist einen doppelten Boden auf, immer steckt etwas mehr dahinter, als man zunächst glaubt. Und ja, die Summe der einzelnen Teile geht auf, weil man offensiv frischen Wind in vertrautem Gewand bemüht. „A Hole Forever“ lebt von seiner entspannten Unvorhersehbarkeit, die zwischen desolatem Auftreten und poppigem Frohsinn betont auf die Schuhspitzen starrt und damit alles richtig macht. Die Schweden legen einen starken Zweitling vor, dessen magischer Aura man sich kaum entziehen kann.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 17.11.2023
Erhältlich über: Adrian Recordings

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