Das Format – Das Format
Hier ist eine Band von Format – das erste von vermutlich unzähligen Wortspielen. Dabei gibt es über Das Format auch jenseits schlechter Witze so viel zu sagen. Das Trio um Bruno Teschert (Herr Polaris), Maximilian Stephan (u. a. Carpet) und Maximilian Wörle (als Produzent und Sound-Engineer tätig) versteht sich auf noisigen, kratzigen Post Punk, dessen doppelter Boden erst freigelegt werden muss. Clevere literarische und soziokulturelle Referenzen, pointierte Analysen des Status Quo nebst unbequemen Abrechnung und im Handumdrehen erzeugten, erstaunlich präzisen lyrischen Bildern im Kopf wecken unter anderem Erinnerungen an britische Größen. „Das Format“ ist zugleich der Name ihres ersten Albums.
Das Herzstück, wie es das Dreiergespann selbst nennt, verbirgt sich am Ende: „Lösung“, ein Song über das Scheitern auf allen persönlichen und gesellschaftlichen Ebenen, schleppt sich anfangs regelrecht aus den Boxen, kämpft mit dem eigenen Ich und Lösungen, die keine sind. Das Problem kommt zurück, zwischendurch branden die Gitarren auf und führen in ein gewaltiges, kathartisches Finale. Etwas typischer ist da schon das hibbelige „Deine Mutter“, das Vergleiche mit frühen Idles und Fontaines D.C. wunderbar erklärt. Energischer Drive, angedeutete Tanzbarkeit und wüste, derbe Breitseiten aus dem gefühlten Nirgendwo spielen mit der Verantwortung und überlegen, ob und an wen man diese abgeben könnte.
Während Philosophen noch mit Schweißperlen kämpfen, wagt „14:30“ als kleiner Ausreißer eine Hommage an Rio Reiser, ließ sich von „Ich bin müde“ inspirieren und ist doch hellwach, wenn es um das Wechselspiel magisch anziehender bzw. kolossal abstoßener Gegensätze geht. Ein meditatives, später herrlich aufbrandendes Arrangement setzt dem Geschehen die sprichwörtliche Krone auf. Auch das ellenlange, mäandernde, erst einlullende, dann abstoßende „Therapiestunden“ ist große Klasse – ein Anti-Epos, das in aller Kritik den Mut zur Hässlichkeit wählt. Und wenn es dann doch eher kurze, knackige Tracks von, nun ja, Format sein dürfen: Der getriebene Opener „Liegen lernen“ und das energische, an Karies erinnernde „Unzufrieden“ sind ebenfalls richtig groß.
In neun angenehm verstörenden, intelligenten und stets mitreißenden Kapiteln positionieren sich Das Format, bringen die unbeqeume Vielschichtigkeit ihrer rasiermesserscharfen Lyrik ein und verweben diese besonders eng mit musikalischer Wechselhaftigkeit. Zwar geht es im Großen und Ganzen um Post Punk, das wird schnell klar, bloß hat das klassische Schema F bei den Augsburgern rein gar nichts zu melden. Ihr selbstbetiteltes Album ist laut und aufbrausend, launisch bis tanzbar, gerne mal meditativ, nur um mit dem gespannten textlichen Faden die Atmosphäre bewusst und betont zu zelegen. Hier wächst Großes heran – und es bereitet nachdenkliche Freude, diesem Prozess aus nächster Ferne beizuwohnen.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 22.11.2024
Erhältlich über: paulapaulplatten
Instagram: www.instagram.com/das_format
Facebook: www.facebook.com/people/Das-Format/100090911131589