Greer – Big Smile

Greer
(c) Jaxon Whittington

Aller Anfang war für Greer nicht unbedingt leicht. Das südkalifornische Quartett veröffentlichte zwei starke EPs 2020 und 2021, tourte immer dann, wann sich die Möglichkeit bot, doch fand man sich schnell in einer Burnout-Sackgasse wieder. Eine mehr als ein Jahr andauernde Pause bekam Greer und ihrem eigentlich recht beschwingten Sound erstaunlich gut. Man fand sich in der Garage von Drummer Lucas Ovalle wieder, wo die Reise einst begann, redete miteinander, entdeckte das Gemeinsame neu und sichtete das während der Auszeit entstandene Material. Letztlich ging man mit über 200 Songs ins Studio, derer 13 nun auf dem ersten kompletten Album „Big Smile“ gelandet sind.

Und die können sich mehr als hören lassen, allen voran Tracks wie „One In The Same“. Was brav bis unscheinbar beginnt, durchlebt Richtung Refrain einen wahren Kraftakt und erinnert entfernt an die kantigen Anfänge von Travis, noch bevor sie vom Regen eingeholt worden waren. Klare-90s-Referenzen und schrammelnde, stark verzerrte Gitarren sowie herrliche Harmonien machen Laune. Auch „Franken“ fühlt sich in diesem Jahrzehnt hörbar wohl, bandelt kurz mit frühen Radiohead an und lässt doch die Leinen los. Ein fieberhafter, alles umspannender und umarmender Rocker ist die logische Folge, der zudem Josaiahs Gesang die ideale Spielweise für eine gesunde Portion Akrobatik bietet.

Doch auch für die etwas schrägeren bis schwelgenden Auswüchse bleibt Platz, wie in „Mugwump“ mit seinen kuriosen Soundeffekten und der bittersüßen Melancholie, die mit unerwartetem Pop-Esprit kollidiert. Das zart anrollende, fast gazende „Test Virgin Opposites“ bemüht die nächste spannende Facette, nimmt zwischenzeitlich etwas Fahrt auf, nur um das Tempo erneut zu verschleppen – geradezu schwerfällig und doch so schön. „Omnibus“ liebt seine Soundexperimente und blubbert eine Halbzeit lang umher. Schließlich erhebt sich ein kantiger, hymnischer Alternative-Track aus dem Dickicht und trägt in hoffnungsvolle Welten, auf die „Demolition“ die akustische Antwort findet.

Hinter dem einen oder anderen forschen, geradezu euphorischen Indie-Hit verbirgt sich ein Album voller Überraschungen, das den Blick hinter das „Big Smile“ fürstlich entlohnt. Natürlich haben Greer das Zeug zu drückenden, hymnischen Rockern, deren aktuell angesagte 90s-Ästhetik immer Laune macht. Gerade in zweiter Reihe tauchen jedoch die emotional veranlagten, komplexen Tracks auf, die sich intensiv mit der erzwungenen Ruhepause und dem Weg zurück befassen. Shoegaze und süße Melancholie sind nur einige der Zutaten, die versuchen, dem langen Anlauf Tribut zu zollen, und dabei mutig in die Zukunft schreiten. Greer servieren einen spannenden Erstling, der mit seinen vielen Details und unerwarteten Wendungen auf Dauer fesselt.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 21.03.2025
Erhältlich über: Epitaph Records (Indigo)

Website: greertheband.com
Facebook: www.facebook.com/greertheband