Lucio Corsi – Volevo essere un duro

Lucio Corsi
(c) Simone Biavati

Bleich geschminktes Gesicht, spaciges Bowie-Glam-Kostüm, ein überlanges Piano und ein aus der Zeit gefallener Song: Der 31jährige toskanische Sänger und Songwriter Lucio Corsi feierte im Februar sein Debüt beim renommierten Festival di Sanremo, erreichte Platz 2 und heimste den Kritikerpreis ‚Mia Martini‘ ein. Etwas überraschend reiste er nach dem Verzicht von Gewinner Olly zum Eurovision Song Contest nach Basel und übertraf mit Platz 5 die Erwartungen. Ein Über-Nacht-Erfolg ist Corsi aber keinesfalls, heimst nun die verdienten Lorbeeren von bald 15 Jahren harter Arbeit ein. Mit seinem vierten Album „Volevo essere un duro“ ging es erstmals an die Spitze der italienischen Charts – und mit ESC-Rückenwind könnte es auch hierzulande endlich mit verdienter Aufmerksamkeit klappen.

Gemeinsam mit Tommasso Ottomano geschrieben, der mit Corsi in Basel auf der Bühne stand, entstanden neun Songs, die sich der eigenen Kindheit, Liebe und Freundschaften widmen, all den guten und schlechten Erinnerungen, mal zart und intim, dann wieder wild und ausgelassen. Corsi trägt mit klarer, einnehmender Stimme vor, wie im eröffnenden Liebeslied „Tu sei il mattino“, das mit dem unaufhaltsamen Fluss der Zeit ringt und mit ergreifenden, eingängigen Pop/Rock-Weisheiten glänzt. Die hat auch „Situazione complicata“ für sich gepachtet, dessen tragikomische Präsentation alles andere als kompliziert ausfällt – sympathisch, etwas verschroben und doch so magisch.

„Let There Be Rocko“ ist einem wilden Mitschüler aus der Mittelschule gewidmet und serviert puren, ungeschliffenen Rock’n’Roll – kraftvoll, energisch und natürlich etwas glammy. Im ellenlangen „Nel cuore della notte“ geht es um Freundschaft, als endlose Klaviercoda dargeboten. Man muss nicht unbedingt verstehen, was Corsi singt, und folgt doch jeder Zeile. Exakt das machte die Kraft des Titelsongs „Volevo essere un duro“ aus, beim Song Contest mit Untertiteln versehen. Das Lied über einen Mann, der vielleicht doch nicht alles bekommt, was er sich erhofft hat, ist vergnügt, bewegend und mitten aus dem Leben gegriffen – immer noch magisch, bis zum finalen Crescendo.

Kann diese halbe Stunde nicht eine Ewigkeit dauern? Erst einmal in dieses Album gestolpert, wird man von wohliger Wärme umhüllt und taucht in spannende Welten ein – mit tollen Geschichten, wunderlichen Anekdoten, beklemmenden Gefühlen und fantastischen Ausritten. Corsi wollte für diese Platte bewusst auf Reduktion setzen, den Song an sich in den Mittelpunkt stellen, und exakt das ist ihm gelungen. „Volevo essere un duro“ ist das Werk eines großartigen Songwriters, den man nicht unbedingt verstehen muss, um jeder Silbe zu folgen. Francois, Rocko, der ravende König und die im Dunkel verglimmende Zigarette hallen noch lange nach – ein echtes Meisterwerk eines kommenden Meisters.

Wertung: 4,5/5

Erhältlich ab: 21.03.2025
Erhältlich über: Sugar Music (Universal Music)

Website: luciocorsi.com
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