Militarie Gun – God Save The Gun

Militarie Gun
(c) Nolan Knight

Raus aus dem Tunnel und ab zum Licht: Nach zwei starken Releases brauchten Militarie Gun eine kleine Frischzellenkur. Mehrere Line-up-Wechsel, neue Co-Autoren und die Selbsterkenntnis von Ian Shelton, dass die Stilisierung von Traumata und Abhängigkeit zur eigenen Realität geworden war, erforderten ein Umdenken. Die Arbeiten am neuen Album wurden für ihn letztlich zum Impuls, etwas zu ändern. Und doch bleibt der Funken Hoffnung stets erhalten. „God Save The Gun“ fördert die private und musikalische Evolution mit deutlich mehr Rock und Melodie, ohne die punkige Energie einzubüßen.

Der Drive von „Maybe I’ll Burn My Life Down“ passt prima ins Bild, geht forsch nach vorne und setzt doch auf zunehmend hymnische Parts, mit kurzem Piano-Einsatz und sogar einem Hauch Power-Pop. Das ist mindestens so roh und doch gekonnt optimiert wie „B A D I D E A“, das in unter zwei Minuten auf die Kacke haut und zugleich ins Ohr geht. „I Won’t Murder Your Friend“ ist das krasse Gegenteil, eine reduzierte Power-Ballade mit ganz viel Gefühl und Schmelz, die auf Raten unter die Haut geht. Beim obligatorischen Gefühlsausbruch stehen alle Härchen aufrecht und begleiten das wunderbar schroffe Crescendo.

In „Kick“ kommen hingegen frühe Killing Joke durch – ein unerwarteter wie sympathischer Kunstgriff zwischen Post Punk und Dark Rock, so massiv wie intensiv. „Fill Me With Paint“, fordert Shelton an anderer Stelle, und presst allen Dreck aus seinen Stimmbändern, bevor die nächste große Melodie aus dem Nichts in Richtung Eroberung geht. Die kommt auch im Titelsong „God Save The Gun“ durch und leistet konstante Aufbauarbeit. Auf dem Weg zu Katharsis bricht das Konstrukt zusammen und liefert ein hoffnungsvolles Auge im Sturm. Soll man der Aufforderung „Throw Me Away“ nachkommen oder einfach den wunderbar schwerfälligen Refrain genießen?

Es bleibt nicht die einzige offene Frage, die Militarie Gun mit wachsender Begeisterung in den Raum stellen. Letzte Hardcore-Reste wurden beherzt über Bord geworfen, man geht nun mit einem hörbaren wie willkommenen Überangebot an Hooks und Melodien ins Rennen. „God Save The Gun“ ist natürlich kein radiofreundliches Album geworden, bleibt roh und dreckig, zelebriert weiterhin Punk-Esprit und persönliche Misere, kann aber auch in ruhigen Momenten glänzen und beweist hinsichtlich Arrangierung weiteren Wachstum. Starkes Songwriting, magischer Feinsinn und nach wie vor Energie in Hülle und Fülle begleiten den nächsten Volltreffer des US-Quintetts.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 17.10.2025
Erhältlich über: Loma Vista Recordings / Concord Records (Universal Music)

Website: militariegun.com
Facebook: www.facebook.com/MilitarieGun