The Wytches – Talking Machine

The Wytches
(c) Steve Gullick

Bevorzugt wirre musikalische Welten und wechselnde Drummer – zwei Dinge, die The Wytches seit ihrer Gründung vor bald 15 Jahren auszeichnen. Das Quartett aus dem britischen Peterborough wollte sich auf seine Wurzeln konzentrieren und entschied sich, den mittlerweile fünften Longplayer live einzuspielen und selbst zu produzieren. Und das darf durchaus mal menschlich klingen, kleinere Fehler inklusive, die einfach auf Band belassen wurden. Entsprechend organisch, lebendig und mehr retro denn je klingt „Talking Machine“, ein gezielter Rückgriff auf 60s-Psychedelia, der in seiner Schlichtheit massiv und intensiv klingt.

„Is The World Too Old“, wird mittendrin rhetorisch gefragt, und die herrlich reduzierte, bittersüße Romantik dieses Tracks mutet geradezu sarkastisch an. Mit Latin-Tänzen anbandelnd und dennoch tiefenentspannt bleibend, lassen The Wytches das Arrangement anschwellen und definieren sich über Atmosphäre. Das gelingt dem eröffnenden Titelsong ähnlich gut, bloß auf ganz andere Weise. „Talking Machine“ kümmert sich um straighten Rock aus der Garage, auf das Wesentliche reduziert und herrlich zwingend. Eine kleine, aber feine Hook duelliert sich mit aufbrausenden Gitarrenwänden, vom angenehm drückenden Basslauf ganz zu schweigen.

Ob sich herausfinden lässt, „When The Obsession Began“? Vermutlich nicht, doch kann dieses Spiel mit Laut-Leise-Dynamik auch so auf ganzer Linie überzeugen. Das klingt schon mal bedrohlich und überlebensgroß, dann wieder beklemmend und intim, bevor der Schlussakt in Distortion badet. Das direkte, schmissige „Black Ice“ mag seine furiosen Drumsalven und die quengelige Gitarre. Sie nehmen abwechselnd das surfende Heft in die Hand. Groß ist auch das zweiteilige „Romance“, jeweils zu den beiden Seitenenden platziert. Erstere Iteration wirkt mächtig und melancholisch, lebt von steter Nachdenklichkeit, die sich wiederholt zu melodischen Großtaten hinreißen lässt. Hingegen badet „Romance 2“ in beklemmenden Piano-Weisheiten – ebenfalls ein spannender Ansatz.

Erst lullt die Platte ein, dann ruft sie auf die Barrikaden, bevor dann doch alles eitel ist: „Talking Machine“ punktet vor allem durch die rohe, unmittelbare Produktion, die sämtliche Songs tatsächlich einen Tacken energischer, kraftvoller erklingen lässt. Unheimlich viel Herz und Energie in jeder Note bereiten echte Freude, entführen in längst vergangene Tage und finden zugleich einen frischen Zugang zu Vintage-Psychedelia. Das liegt nicht zuletzt an den obligatorischen Surf- und Garage-Exkursen des Quartetts, sondern auch an Piano-Tracks, an knarzenden Gitarrenwände und an Dreck ohne Stecken. Wieder etwas anders und doch so unfassbar mächtig – das ist Musik für die Seele.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 10.10.2025
Erhältlich über: Alcopop! Records

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