Kellermensch – Kellermensch

Kellermensch

Der Bandname kommt von Dostojewski, die Musik von einer minutiösen Studie von so unterschiedlichen Bands wie Arcade Fire, Nine Inch Nails und Joy Division – Kellermensch aus Dänemark landen mit ordentlich Verspätung nun auch hierzulande. Zwei Singles hat das Sextett aus Esbjerg bereits unter das Volk gebracht – einmal strikt limitiert, einmal nur digital. Nun fällt der Vorhang, das Debütalbum „Kellermensch“ steht auch hierzulande – mit leicht veränderte Tracklist im Vergleich zum Dänemark-Release im vergangenen Jahr – in den Läden und lässt Katatonia auf die Deftones zumarschieren mit Kaizers Orchestra im Arm.

So wild die Vergleiche sind, so perfekt passen sie auch zum Album, im weitesten Sinne metallisierter Alternative Rock. Man muss nur die ersten beiden Tracks – gleichzeitig auch die ersten Auskopplungen – heranziehen für den Wahnsinn, der Kellermensch umspielt. „Moribund Town“ ist ein düsterer Bastard mit Joy Division-Vibes und Isis-Screams, verzweifelter Refrain inklusive. „Army Ants“ hingegen marschiert mit leichten Nine Inch Nails-Untertönen vorwärts, spielt dabei mit Arcade Fire-Phrasierung und einem verstohlenen Pop-Moment im Refrain. Nur eine Tür weiter zeigt „Nothing Left“, wie man Depressionen perfekt vertont und sogar den abgebrühten Düster-Finnen das Blut gefrieren lässt. Geht’s noch?

Was sich wie eine lose Ansammlung von Zitaten quer durch den Gitarren-Gemüsegarten liest, steht in Wahrheit für ein geniales, euphorisch-klaustrophobisches Kunstwerk auf Albumlänge. Offensichtliche Hits wie „30 Silver Coins“ und das semi-balladeske „Narcissus“ teilen sich das Feld mit Selbstgeißelung („All Time Low“) und eingängiger Misanthropie („Dead End“). Zwischendurch wagen Kellermensch sogar den Ausflug gen Rock’n’Roll, wobei „Rattle The Bones“ natürlich bittersüß rifft und dem Zusammenbruch nahe scheint. „Black Dress“ hingegen bezieht seine Melodie aus alten Bond-Soundtracks, die Screams hingegen aus den Untiefen der norwegischen Underground-Szene um Haust und Okkultokrati.

Als Hausband der Depri-Union machen sich Kellermensch verdammt gut. Ihr selbstbetiteltes Debütalbum bringt Dr. Jekyll und Mr. Hyde an einen Tisch, mischt Indie- und Folk-Liebreiz mit Alternative-Ausflügen und knorrig metallischen Wutausbrüchen. Die Kunst an „Kellermensch“ ist das Zusammenspiel der extremen Pole, die eingängige Widerborstigkeit, die Schönheit des Maschendrahtzauns. Gewissermaßen machen die Dänen ihrem Namen alle Ehre und punkten mit einem Sound, der in dieser Form gänzlich unerhört ist. Eben ein kleines Meisterwerk, ein Ausrufezeichen von Newcomern, ein beeindruckendes Debüt, das so klingt, als würden Mitglieder von Arcade Fire, Katatonia, Kaizers Orchestra und den Deftones unter der Regie von Trent Reznor und Robert Smith einen blutigen Gangbang mit abschließendem Rudelkuscheln veranstalten.

VÖ: 24.06.2011
Vertigo Berlin (Universal Music)

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