Bjørn Berge – Blackwood
Den Blues muss Bjørn Berge wohl mit der Muttermilch aufgesogen haben. Zwar hat der norwegische Mittvierziger, wie er selbst sagt, ’nie unter der sengenden Sonne der Dixie-Plantagen gearbeitet‘, dafür als Mechaniker auf Nordsee-Bohrinsel Erfahrung mit Sturm und Kälte gemacht. Mit seiner zwölfsaitigen Gitarre greift er nicht nur die Traditon des Delta-Blues auf, sondern nimmt sich auch Rock- und Pop-Klassikern an. Unter anderem wurden bereits Songs von Motörhead und den Red Hot Chili Peppers neu eingekleidet. Auf seinem aktuellen Album „Blackwood“ überwiegen jedoch die Eigenkompositionen, was definitiv kein Fehler ist.
Zumal die eigenen Songs durch die Bank von hoher Qualität sind; angefangen bei „Accused“, zu dem es auch ein Video gibt. Hier kann man bereits bestens nachvollziehen, warum Berge als eine Art Hardrocker unter den Bluesmusikern gilt: Abgesehen von seinem fantastischen, virtuosen Gitarrenspiel und der fordernder, tiefer Stimme – ein Duett mit Michael Poulsen von Volbeat könnte durchaus reizvoll sein, macht der Mann ordentlich Druck, verwendet klassische Rock-Schemata und hat ordentlich Power. In eine ähnliche Kerbe, wenn dank Banjo-Einsatz ein wenig stärker zwischen Country, Folk und The BossHoss verankert, schlägt der Opener „In & Out“, der vor allem von seinem großen, einprägsamen Refrain lebt.
Die beiden Coverversionen – getrennt vom instrumentalen „Blackwood“ – fügen sich hervorragend in den Albumkontext ein. „Going To Brownsville“ von Sleepy John Estes erweist sich als schwermütiger, eindrucksvoller Blues-Standard mit viel Gefühl, während „Woodstock“ von Joni Mitchell Sehnsucht und Lebensgefühl seiner Ära hervorragend einfängt. Gerade die Gitarrenarbeit in den instrumentalen Passagen ist hier allererste Sahne. Berge kann aber auch anders, wie das balladeske „Blues For One“ beweist. Schwermütiger geht es kaum, gerade der Refrain geht unheimlich nahe. Im finalen „Darkness“ entführt der Norweger seine Hörer schließlich an einen wahrhaft düsteren Ort, lässt seine Gitarre zeitweise komplett verstummen und die gespenstische Ruhe für sich sprechen.
Bjørn Berge entpuppt sich auf „Blackwood“ als wahrer Bluesmusiker, gerade hinsichtlich des Storytellings. Der Norweger schreibt keine Songs, er kreiert kleine Geschichten und instrumentiert diese entsprechend – mal flotter, mal getragener, aber immer bedeutungsschwanger und für sich einnehmend. Die ruhigen Momente bewegen, die Hard’n’Heavy-Elemente sorgen für wippende Füße und nickende Köpfe. Überdies ist die Bearbeitung von Joni Mitchells „Woodstock“ mehr als gelungen – erweist sich als absolutes Highlight. „Blackwood“ ist ein verdammt starkes Album eines echten Charakterkopfs geworden. Bjørn Berge hat lange gebraucht, um anzukommen. Um so mehr hat er es verdient, dass man sich mit ihm und seiner Musik beschäftigt.
VÖ: 14.10.2011
Dixiefrog Records
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